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Sozialberufe vernachlässigt

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Im Fachhochschul-Gesetz von 1993 sind sie vorgesehen, es besteht Bedarf an Absolventen, die Studienpläne sind fertig, die Standortfrage geklärt - dennoch scheint es sie noch nicht so bald zu geben: die Fachhochschul-Studiengänge „Sozialmanagement" und „Jugendarbeit und Erwachsenenbildung".

„Es gibt über 30 Fachhochschul-Studiengänge auf wirtschaftlich-technischem Ge-' biet, aber keinen einzigen Studiengang im Sozial- oder Dienstleistungsbereich", erklärt Pe ter Braun vom „Verein zur Errichtung und Förderung von Fachhochschul-Studiengängen im Bildungsund Sozialbereich".

Die Antragsunterlagen für die Studiengänge „Sozialmanagement" und „Jungendarbeit und Erwachsenenbil -dung" sind Ende Juni 1996 „mit der Perspektive Studienbeginn September 1997" beim Fachhochschulrat und beim Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst eingereicht worden.

Das Ärgernis: „Der Fachhochschulrat behandelt Einreichungen nur, wenn der Bund die Grundfinan-zierung sichert." Der Bund gebe diese Bescheinigung zur Zeit aber nicht, weil erst eine Studie über Zukunft und Perspektiven in Sozialberufen in Auftrag gegeben werde und daher nicht - wie geplant und erwartet -Ende 1996, sondern erst wieder im Jahr 1999 verhandelt werden soll. Und das, so Braun, obwohl die Träger der künftigen Fachhochschulen die notwendige Bedarfs- und Akzeptanzanalyse eines unabhängigen wissenschaftlichen Institutes - wie vorgeschrieben - längst vorgelegt hätten: „In keinem anderen Bereich verlangte das Ministerium eine zusätzliche Studie!", betont Braun. Auf diesem „politischen Verschiebebahnhof werde eine bildungspolitische Initiative verschlafen". Es bestehe zudem die Gefahr, den Anschluß an europäische Standards zu verlieren: „In Deutschland gibt es Fachhochschulen im Bildungs- und Sozialbereich seit 25 Jahren."

Ziel des Studienganges „Sozialmanagement" ist die „Ausbildung von Führungskräften, die sowohl sozial als auch betriebswirtschaftlich qualifiziert sind", der Studiengang „Jugend-und Erwachsenenbildung" soll eine „praxisorientierte, qualifizierte pädagogische Berufsausbildung auf wissenschaftlicher Basis" anbieten. Beide Studiengänge umfassen, wie alle Fachhochschul-Studien, acht Semester, von denen zwei Semester der Praxis gewidmet sind. Als gemeinsamer Standort ist Linz vorgesehen. Braun: „Der Bürgermeister begrüßt und unterstützt die Initiative. Der Landeshauptmann betont, daß das Land Interesse daran habe, die Studiengänge nach Oberösterreich zu bekommen." Beide Studiengänge sollen berufsbegleitend, „Jugendarbeit und Erwachsenenbildung" auch als Vollzeitstudium, angeboten werden. Ein Studiengang „Heilpädagogik" ist in Planung, ebenso die Neuorganisation der Ausbildung für Sozialarbeiter.

Ziel ist ein „Verbund der Fachhochschul-Studiengänge für Bildung und Soziales" in Linz. Verbundpartner wären das Land Oberösterreich (Landesanstaltendirektion in Vertretung der Sozial-Akademie des Landes Oberösterreich) und der „Verein zur Errichtung und Förderung von Fach-hochschul-Studiengängen im Bildungs- und Sozialbereich". Dieser im Jahr 1995 gegründete ökumenische Trägerverein besteht aus folgenden Mitgliedern: Bundesarbeitsgemeinschaft für Katholische Erwachsenenbildung, Caritas Österreich, Diakonisches Werk Österreich, Evangelisches Jugendwerk, Katholisches Jugendwerk, Superiorenkonferenz, Vereinigung der Frauenorden und einem Vertreter der ARGE Pastoral- und Seelsorgeamtsleiter.

In Deutschland gebe es 400.000 Fachhochschul-Studienplätze. 50.000 Studierende absolvieren einen Studiengang im Bildungs- oder Sozialbereich. Auch beim deutschen Nachbarn habe die Kirche einen großen Anteil an dieser Bildungssparte.

28 Prozent aller Studierenden in Deutschland besuchen eine Fachhochschule, 72 Prozent eine Universität. Man möchte aber, so Braun, in einer neuen Gewichtung den Anteil der Fachhochschul-Studenten in Deutschland auf 40 Prozent erhöhen.

„Wir wissen aus den USA, daß der Bildungs- und Sozialbereich zu den großen wirtschaftlichen Wachstumsbranchen gehört." So rangiere etwa Altenpflege noch vor EDV. „Wir Laufen auf eine Dienstleistungsgesellschaft hinaus. Dennoch ist das politische Interesse erschreckend gering. Die Bewußtseinsbildung ist in Österreich noch nicht vollzogen." Ohne ein Angebot im Bildungs- und Sozialbereich bliebe zudem der Fachhochschulbereich weiterhin wirtschaftlichen und technischen Studiengängen vorbehalten, was, so Braun, auch die Männer-Dominanz auf diesem Ausbildungssektor auf lange Zeit festschreiben würde.

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