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Speichen zur Mitte sind nötig!

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Der „Dialog für Österreich” soll helfen, aus einer zu starken kirchlichen Selbstbeschäftigung wieder herauszufinden.

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Der „Dialog für Österreich” soll helfen, aus einer zu starken kirchlichen Selbstbeschäftigung wieder herauszufinden.

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In unserer Verantwortung für den Glauben, das Leben und den Dienst der Kirche für die Menschen unseres lindes laden wir katholischen Bischöfe Österreichs an der Wende zu einem neuen Jahrtausend zu einem breiten und intensiven Dialog für Osterreich' ein.” So deutet der Vorsitzende der österreichischen Bischofskonferenz, der Grazer Diöze-sanbischof Johann Weber, im Vorwort zum Grundtext für einen gesamtösterreichischen Dialogprozeß den Hintergrund des „Dialogs für Österreich” an.

Die Lebensverhältnisse der Menschen und die Situation für den Dienst der Kirche haben sich in den letzten Jahren sehr stark verändert - nicht nur im Vergleich zur unmittelbaren Nachkriegszeit, in der vieles in Österreich neu begonnen worden ist, sondern auch in einem viel kürzeren Zeitraum, etwa seit 1983, dem Jahr des letzten österreichischen Katholikentages. Politische Umwälzungen im Ausland haben sich auf Wirtschaft und Politik im Inland ausgewirkt, technische und wissenschaftliche Entwicklung verändern die Lebensformen. In der Kirche wird vieles in Frage gestellt, das lange selbstverständlich war. Das Meinungsklima der Kirche gegenüber scheint umgekippt zu sein: der Frankfurter Jesuit Medard Kehl konstatiert, daß von vielen die Kirche vornehmlich „unter der Hermeneutik des Verdachts und der Entlarvung betrachtet” wird.

Inhalte des „Dialogs für österreich”

Der von den Rischöfen vor einem Jahr nach der „Wallfahrt der Vielfalt” angekündigte breite Gesprächsprozeß soll sich diesen Veränderungen stellen. Schon vor zwei Jahren, in der Kontroverse um das „Kirchen-volks-Regehren”, ist vermerkt worden, daß viele der angerissenen Themen überhaupt nur bearbeitet werden können, wenn die Kontrahenten eine andere Ebenen aufsuchen: z. B. vom plakativen Slogan „Frohbotschaft statt Drohbotschaft” hin zur Frage über die Bedingungen der Verkündigung der Gegenwart überhaupt, oder vom permanenten Schlagabtausch über „Zulassungsbedingungen zum Amt” hin zur Frage, was das Klima für den geistlichen Beruf fördern könnte. Und sogar das „Kirchenvolks Begehren” hatte „anstelle der lähmenden Fixierung auf die Sexualmoral” die „stärkere Betonung anderer wichtiger Themen (z. ß\ Friede, soziale Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung)” gefordert.

Bei der Tagung „Kirche in der Gesellschaft. Wege in das 3. Jahrtausend”, zu der sich 1996 die Bischöfe im Vorfeld der Mariazeller Wallfahrt mit Wissenschaftlern, Politikern und Publizisten beraten haben, hat Johann Baptist Metz überzeugend dargelegt: „Elementare Krisen verlangen elementare Vergewisserungen”. „Gotteskrise”, „Menschenkrise” und „Kirchenkrise” hängen innerlich zusammen. Dementsprechend hat die Bischofskonferenz für den „Dialog für Österreich” drei Themenkreise vorgeschlagen: die Fundamente des Glaubens, Themen der Kirchenerneuerung und gesellschaftspolitische Herausforderungen. Die immer wieder geforderte Kirchenerneuerung wird mit einer Neubesinnung auf die Grundlage des Glaubens und mit der auch vom Papst in seinem apostolischen Schreiben zirr Vorbereitung auf das Jubiläumsjahr 2000 gestellten Frage, wie sehr wir die Anliegen des letzten Konzils bei uns umgesetzt haben, verbunden. Ein verstärktes Wahrnehmen der seit der Veröffentlichung des Sozialhirtenbriefes 1990 neu aufgetauchten sozialen und politischen Probleme sollte helfen, aus einer zu starken kirchlichen Selbstbeschäftigung herauszufinden und gemäß der Überschrift der Pastoralkonstitution „Gaudium et Spes” den Auftrag der Kirche zum Dienst an den Menschen erneut ernst zu nehmen.

Pik Dialogpartner

Die Bischofskonferenz hat den

Wunsch geäußert, die Themen des

Grundtextes sollten „auf breitester Basis behandelt werden”, wie schon 1989/90 der Sozialhirtenbrief mit vielen Gesprächspartnern und in kontroversen Debatten vorbereitet worden ist - innerhalb der katholischen Kirche, ökumenisch, mit politischen Verantwortungsträgern und den Sozialpartnern. Die Pfarrgemeinderäte sind gebeten, den „Dialog für Osterreich” in ihren eigenen Beratungen aufzunehmen und darüber hinaus Gesprächspartner einzuladen, z. B. die evangelischen Presbyteri-en und Gemeindevertretungen, Bürgermeister und Gemeinderäte. Die Gruppen und Gliederungen der Katholischen Aktion, andere Gemeinschaften auf Pfarr- und Dekanatsebene sollen sich zu Trägern dieser Auseinandersetzung machen. Selbstverständlich wird auch das Gespräch auf Landes- und Bundesebene gesucht.

Kein Lehrplan!

Die laut gewordene Kritik an der Län -ge des Grundtextes ist verständlich. Das Inhaltsverzeichnis sollte es aber möglich machen, die jeweils besonders interessierenden Themen herauszufinden. Es geht ja nicht darum, den Grundtext wie einen Lehrstoff „durchzugehen”, sondern eine Auswahl vorzunehmen. Wünschenswert ist es aber, die drei Hauptteile in ihrer gegenseitigen Beleuchtung wahrzunehmen. In jedem einzelnen Kapitel sind Querverweise auf andere Kapitel zu finden. „Seitenblicke” oder „Speichen zur Mitte” wären also für das Gelingen des Dialogs nötig.

Rückmeldung und Delegiertenversammlung Der Dialog für Osterreich soll helfen, die Delegiertenversammlung im Herbst 1998 gut vorzubereiten. Es gibt keinen Zwang, Eingaben und Re-richte schreiben zu müssen. Manche Gesprächsergebnisse werden unmittelbar auf pfarrlicher Ebene zu beherzigen sein (z. R. Liturgie, Caritas u. a.). In anderen Fragen werden eher diö-zesane und gesamtösterreichische oder nur gesamtkirchliche Lösungen möglich sein. Solche 'Themen und Anliegen, aber auch Kritik und Anregungen sollen dem Rüro „Dialog für Osterreich” (1010 Wien, Stephansplatz 3, Tel.: 01/51552-3738, Fax -3755) gemeldet werden.

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