Standards in der Vielfalt

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Neben dem staatlichen regulierten Bildungssektor hat sich ein privater in Vielfalt etabliert. Die EU bringt mit einem Qualifikationsrahmen Ordnung in das lebenslange Lernen.

Wer sich auf dem Bildungsmarkt umsieht, kann schnell den Überblick verlieren über Angebote und die Qualifikationen. Auf der einen Seite gibt es die nationalen Schul-, Lehr- und Hochschulabschlüsse. Sie werden vom Staat reguliert und folgen standardisierten Qualitätskriterien. "Daneben gibt es den komplett freien Markt der Erwachsenenbildung, dessen Abschlüsse und Zertifikate selten nationale Reichweite haben“, sagt Jörg Markowitsch, Gründer des Bildungsconsulters 3s. "Genau genommen muss man die Nachfrager unterscheiden und von mindestens drei Märkten sprechen“, meint Markowitsch. Als größter Nachfrager von Bildung gilt das AMS. Die privaten Bildungsansprüche werden weitgehend von den Volkshochschulen gedeckt. Und schließlich findet man von betrieblicher Seite getriebene Ausbildungsangebote, etwa Produktschulungen oder TÜV-Ausbildungen.

Mit dieser Vielfalt verbunden ist ein Wildwuchs an Zertifikaten und Qualifikationsnachweisen. Es ist oft schwierig zu beurteilen, ob ein Ausbildungszertifikat am Arbeitsmarkt später hält, was das Prospekt des Anbieters verspricht. "Um die eigene Kompetenz darzulegen und bei der Arbeitssuche zu reüssieren, sind Zertifikate sicher hilfreich“, meint Valerie Höllinger, kaufmännische Geschäftsführerin des bfi Wien. "Allerdings darf Zertifizierung nicht zum Selbstzweck werden. Weiterbildungsmaßnahmen sollten in erster Linie inhaltlich zu einer Person und deren Lebens- bzw. Karriereweg passen.“

Um Licht ins Dunkel zu bringen, wurde auf europäischer Ebene 2005 der "Europäische Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen“ (EQR) ins Leben gerufen. Ziel ist es, Transparenz zu schaffen und Qualifikationen von Lernergebnissen europaweit vergleichbar zu machen. Dafür wurden acht Kompetenzniveaus definiert, die von "grundlegendem Allgemeinwissen“ (Stufe 1) bis zu "Spitzenkenntnissen in einem Arbeits- oder Lernbereich“ (Stufe 8) reichen.

Der Rahmen soll alle Bildungsstufen vom Kindes- bis zum hohen Alter umfassen. Kerngedanke des EQR ist es, nicht einzelne Personen, sondern konkrete Lernergebnisse diesen acht Niveaus zuzuordnen. So kann es beispielsweise sein, dass die Ausbildung zum Buchhalter bei einem Anbieter anspruchsvoller ist, als bei einem anderen. Dies schlägt sich dann in der Zuordnung zum jeweiligen Niveau nieder, das auf dem abschließenden Zertifikat der Kursteilnehmer vermerkt sein soll. Speziell die Bedeutung durch informelles Lernen erworbener Befähigungen soll so gestärkt werden.

Akademikerquote wird relativiert

Die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten sollen den EQR in jeweils nationaler Ausprägung umsetzen. In Österreich arbeitet eine Steuerungsgruppe aus den vier Bundesministerien sowie den Sozialpartnern seit 2007 an einem solchen "Nationalen Qualifizierungsrahmens“ (NQR). 2012 soll er fertig sein.

"Eine Chance des NQR könnte sein, dass die Diskussion um die heimische AkademikerInnen-Quote relativiert wird und eine neue Sichtweise erfährt“, glaubt Valerie Höllinger. "Wir werden sehen, dass einiges, was in anderen Ländern auf akademischer Ebene angesiedelt ist, hierzulande durch die duale Berufsausbildung abgedeckt wird.“ Dass der NQR den Zertifizierungsdschungel vollständig lichten wird, ist dennoch nicht zu erwarten. Denn die Teilnahme daran ist für Anbieter von Weiterbildungen freiwillig. "Natürlich ist es ein gewisser Aufwand, seine Qualifikationsangebote lernergebnisorientiert darzustellen und somit für den NQR bereit zu sein“, räumt Karl Andrew Müllner von der nationalen Koordinierungsstelle für den NQR ein. "Der große Vorteil ist aber, dass sich die Leute besser auf dem Aus- und Weiterbildungsmarkt zurechtfinden werden und genau wissen, welches Qualifikationsniveau ihnen eine Ausbildung bringt.“

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