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Strohfeuer der Berufsjugendlichen

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Das, was sich heute, — kurz vor dem Reformparteitag — als „Junge ÖVP“ präsentiert, ist zwar die Parteijugend, aber nicht die dynamische junge ÖVP. Läge die Zukunft der Volkspartei in der „jungen ÖVP“, dann hätte sie diese schon heute gegen die SPÖ verspielt, die mit ihrer SJ eine geschulte Nachwuchsgarde „Idee bei Fuß“ stehen hat. Die jeweiligen „Aufstandsversuche“ der ÖJB bleiben Strohfeuer.

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Das, was sich heute, — kurz vor dem Reformparteitag — als „Junge ÖVP“ präsentiert, ist zwar die Parteijugend, aber nicht die dynamische junge ÖVP. Läge die Zukunft der Volkspartei in der „jungen ÖVP“, dann hätte sie diese schon heute gegen die SPÖ verspielt, die mit ihrer SJ eine geschulte Nachwuchsgarde „Idee bei Fuß“ stehen hat. Die jeweiligen „Aufstandsversuche“ der ÖJB bleiben Strohfeuer.

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Die Wurzeln dieser Entwicklung reichen schon Jahre zurück. Die österreichische Jugendbewegung — Junge Generation in der ÖVP — war zu ihrer Gründungszeit bereits ein Parteialibi, um sich nicht dem Vorwurf aussetzen zu müssen, die Volkspartei lege auf die Jugend- und Jungwählerarbeit keinen Wert. Mit der Institution wuchs freilich der Funktionärsapparat, der sich heute keinesfalls als Alibivollzieher sehen will. Vielmehr wird bei den zornigen jungen Männern der ÖJB — unterstützt vom Ruf „Mehr Jugend in die Parteien!“ von außen — echtes politisches Gewicht verlangt. Nun hat die Volkspartei der ÖJB bereits einiges zugestanden: In den Parteigremien von lokaler bis bundesweiter Bedeutung haben die Jungen Sitz und Stimme, hart bedrängt von den Bünden. Das ist nun freilich klar: Die Bauern sehen ihren Nachwuchs lieber aus dem ländlichen Fortbildungswerk kommen, Wirt-schaftstreibende gibt es in diesem Alter noch kaum, und lediglich der ÖAAB stößt hie und da auf brauchbare Nachwuchskräfte, die anzuerkennen er bereit ist. Wesentlich für die junge ÖVP ist jedoch die Teilnahme an den Postsitzungen der Bundesparteileitung. Und fast möchte man annehmen, daß an dieser Tatsache das Leben der ÖJB hängt. Denn über die Führungsgarnitur in der Kärntnenstraße weiß man in den kleinen ÖJB-Ortsgrup-pen nichts Schmeichelhaftes zu erzählen: Schlicht und einfach erklärt man sie zu „Karrieremachern“, um so das Unbehagen abzureagieren, das man mit der gesamten Arbeit der jungen ÖVP hat. Nun wäre es aber völlig verfehlt, den Bundesobmann der ÖJB, Jungnationalrat DDr. Fritz König, als „Kairaeremacher“ abzustempeln. König war Jahre hindurch bemüht, die Organisation ehrlich aufzubauen, und hat nach vielen Anfängen endlich das Ziel erreicht: eben, in den Nationalrat einzuziehen Daß das aber nicht nur bei der ÖJB vorkommt, zeigt der SJ-Obmann Schieder, dem bei den Sozialisten der Sprung in die Volksvertretung von der Nachwuchsorganisation schon vor vielen Jahren gelungen ist. Motor der jungen ÖVP in der Kärntnerstraße ist hingegen der Bundessekretär Joachim Senekovic, der dieses Amt jetzt nur noch — das betont er immer wieder — „ehrenamtlich“ innehat. Kein Wunder: Als „schwarzer“ Proporzdirektor der Austria-Wochenschau dürfte er bereits In seiner Jugend ausgesorgt haben. Trotz allem scheint der „Berufsjugendliche“ Senekovic nunmehr nicht mehr fest im Sattel zu sitzen. Seit einigen Wochen ist Dkfm. Hamberger — man munkelt davon, daß er ein Freund des VP-Organisations-referenten Dr. Diem ist — im ÖJB-Sekretariat seßhaft. Über seine Zukunft schweigt man sich aus, da er jedoch „für die politische Arbeit“ zuständig ist, scheint sich der Wechsel auf dem Sessel des Bundessekretärs anzubahnen. Unbeantwortet bleibt auch die Frage, ob Hamberger nicht in die junge ÖVP eingeschleust wurde, um von der Partei aus die ÖJB wieder fest in den Griff zu bekommen.

Das wäre, objektiv betrachtet, wahrscheinlich nicht einmal ungünstig. Denn damit könnte die politische Arbeit, die jetzt auf den „ehrenamtlichen“ Bundessekretär zugeschnitten ist, auf breiter Basis erfolgen. Dazu wäre sicher auch der ehemalige niederösterreichische Landessekretär der ÖJB und nunmehrige Bundesobmann Erich Fidesser der richtige Motor, der sich durch den derzeitigen Einmannbetrieb nicht entfalten kann. Fidesser machte sich schon in Niederösterreich um die konzeptive politische Arbeit und den organisatorischen Aufbau der ÖJB verdient. Und nur eine solche Arbeit bietet jungen, an der Volkspartei interessierten Kräften die Möglichkeit, ein Betätigungs- und Bewährungsfeld zu finden.

Denn die personelle Ausbeute war einstweilen eher bescheiden: Sieht man von DDr. König ab, der mit März zum Nationalratsabgeordneten avanciert ist, so gibt es eigentlich nur noch Dr. Hans Maukner, derzeit Vorsitzendier des Schulausschusses der Gesamtpartei. Aber auch Maukner mußte sich sein politisches Wissen erst erarbeiten, weil in der ÖJB die entsprechenden Voraussehungen nicht geboten wurden. Zwar existieren — besser gesagt: vegetieren — Arbeitskreise, die sich mit politischen Problemen zu beschäftigen haben — doch blieben sie bislang ohne Effizienz..

Ähnliche Verhältnisse wie in der Kärntnerstraße herrschen auch in den Bundesländern, ja sogar in den diversen Ortsgruppen. Nur eine geringe Zahl dieser Gremien wickeln tatsächlich die satzungsmäßigen Aufgaben entsprechend ab. Zumeist wird das Ergebnis von einigen Wenigen bereits im vornherein bestimmt. Noch heute ist in der jungen ÖVP der Stärkste, wer es versteht, die mangelnde Organisation auszunützen. Ob dabei auch an die Forderung gedacht wird, die die ÖJB der Volkspartei gegenüber erhoben hat? Denn auch der jungen ÖVP könnte mehr Demokratie nicht schaden, wie Beobachter übereinstimmend feststellen.

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