Taumelnd in die Zielgerade

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Diesen Mittwoch wurde das Gesetz zur Errichtung des Gugginger "Institute of Science and Technology - Austria" - vormals "Elite-Uni" - im Nationalrat beschlossen: Über die schwere Geburt potenzieller Exzellenz.

Die Erfahrung lehrt Vorsicht: "Frühling in Gugging" wurde vergangene Woche knapp vor Redaktionsschluss in der Furche konstatiert. Minuten später verließ die SPÖ mit Pauken und Trompeten den Wissenschaftsausschuss: Die Regierungsparteien hatten den alten, heftig kritisierten Initiativantrag zum "Institute of Science and Technology - Austria" (ISTA) vorgelegt, wonach das höchste Leitungsgremium ausschließlich mit Vertretern der Geldgeber (Bund und Land Niederösterreich) zu beschicken sei. Erst freitags präsentierten Wissenschaftsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) und Forschungs-Staatssekretär Eduard Mainoni (BZÖ) die neue, politisch korrekte Variante: Die Hälfte der 14 Kuratoriums-Mitglieder muss demnach aus Wissenschafterinnen und Wissenschaftern bestehen. Wird das Gremium um einen Sponsor aufgestockt, muss auch ein Wissenschafter nachrücken. Das Kuratorium bestellt nicht zuletzt den Präsidenten - jene brillante Forscherpersönlichkeit, die die inhaltliche Marschrichtung vorgeben muss. Ein "Wissenschaftlicher Rat" steht ihm oder ihr dabei zur Seite. 572 Millionen Euro sind in den ersten zehn Jahren für die Forscher-Weltklasse in Gugging vorgesehen. Zugleich wird das Budget des Fonds zur wissenschaftlichen Forschung (FWF) für 2006 um 30 Millionen auf 151 Millionen Euro erhöht (vgl. unten).

Zick-Zack-Kurs?

Sehr zur Freude der SPÖ, die damit ihre zwei Forderungen (Unabhängigkeit von der Politik und mehr Geld für die Universitäten) erfüllt sieht und diesen Mittwoch im Nationalrat ihr Ja zu Gugging deponiert hat. (Die Grünen sind bei ihrem Nein geblieben - schließlich gebe es laut Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald an den Unis "andere Prioritäten".) Den Vorwurf der Regierung, einen "Zick-Zack-Kurs" verfolgt zu haben, weist SP-Wissenschaftssprecher Josef Broukal zurück: "Wir haben uns nur an den Wünschen der Wissenschafter orientiert", sagt er. Zwar sei Gugging nach wie vor ein "suboptimaler" Standort, doch werde das Institut laut Gesetz ohnehin evaluiert. "Und wenn es nicht funktioniert, kann es nach zehn Jahren zugesperrt werden."

Vorsichtig positiv ist indes die Haltung von Helga Nowotny, Vizevorsitzende des Wissenschaftsrats im neuen "European Research Council" (ERC), der ab 2007 erstmals EU-weit Grundlagenforschung fördert: "Nun geht es darum, brillante Leute zu überzeugen, die nächsten fünf Jahre ihres Lebens hier produktiv einzusetzen", meint sie zur Furche. Dazu brauche es aber optimale Arbeitsbedingungen - neben der passenden Forschungs-Infrastruktur "so viel Unabhängigkeit wie möglich".

Auch der Idee von Kommissionspräsident José Manuel Barroso, ein virtuelles "European Institute of Technology" (EIT) zu installieren, in dem an verschiedenen Orten Gruppen von universitärer und industrieller Forschung näher aneinander geführt werden sollen, würde sie eine Chance geben - freilich nur dann, wenn es gelingt, die Doppelzugehörigkeit solcher Forscher zu ihrer Universität und zum EIT "für alle zufriedenstellend zu lösen". Noch dringlicher brauche es jedoch ein ausreichendes Budget für den ERC, um gerade jüngeren, noch nicht etablierten Forscherinnen und Forschern "jene Unabhängigkeit zu geben, die sie an Amerika so attraktiv finden". Eine Milliarde Euro pro Jahr sei dabei "das absolute Minimum."

Ein Maximum an "Realitätsverweigerung" ortet dagegen der Philosoph Konrad Paul Liessmann in der gesamten Debatte um "Elite"-Projekte: "Diese Einrichtungen konzentrieren sich alle auf Technik und Naturwissenschaften", kritisiert er. "Dabei wird die Exzellenz Europas in den Geistes-und Kulturwissenschaften ausgeblendet." Außerdem sei die Rede von der "Elite-Uni" stets ein "Etikettenschwindel" gewesen: "Ein Institut, wo nur Post-Doktoranden herumkrebsen, ist ja keine Universität."

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