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Trends, Preise, Kaufer

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Jugendstil oder Biedermeier, Bilder oder Möbel? Antiquitäten sammeln ist wertbeständige Geldanlage, ist sinnliche Lust am Schönen.

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Jugendstil oder Biedermeier, Bilder oder Möbel? Antiquitäten sammeln ist wertbeständige Geldanlage, ist sinnliche Lust am Schönen.

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Kostbar in einem zweifachen Sinn sind jene Objekte, die in den nächsten Wochen bei den verschiedenen Kunst- und Antiquitätenmessen zum Verkauf angeboten werden. Kostbar zunächst in dem Sinn, daß ihr Erwerb mit mehr oder weniger hohen Kosten verbunden ist. Kostbar aber auch, weil für viele Käufer von alten Möbeln, Bildern, Schmuck, Uhren einfach durch die persönliche Beziehung zu diesen Objekten ein immaterieller Wert entsteht, die Kostbarkeit also in der persönlichen Freude an dem Objekt liegt.

1 lorst Szaal, Präsident des Verbandes Österreichischer Antiquitäten- und Kunsthändler, auf die Frage nach den neuesten Trends im Antiquitätenhandel: Verstärkt würden Bilder gekauft, langsam auch wieder Möbel, nachdem diese Nachfrage in den letzten Jahren etwas zurückgegangen sei. Hingegen sei auch der Schmuckkauf derzeit wieder im Steigen begriffen. Der Bückgang beim Kauf alter Möbel hänge wohl mit der zu geringen Ausrichtung des Handels auf jüngere Käufer zusammen. Gerade diese Zielgruppe könne bei Kunst- und Antiquitätenmessen Schwellenängste abbauen. Es sei einfach ein Erziehungsprozeß, das Interesse würde schon von den Eltern grundgelegt. Szaal führt das geringere Interesse jüngerer Menschen jedenfalls nicht auf deren geringere finanzielle Mittel zurück.

Österreich habe einen Nachholbedarf, was die Kombination von antiken Stücken mit moderner Wohn-raumausstattung betrifft.

Das Sammeln von Antiquitäten aus Spekulationsgründen, also der Kauf der „Aktie an der Wand” geschehe wohl in erster Linie mit Bildern des 20. Jahrhunderts, auch die Malerei des 19. Jahrhunderts sei in den letzten 25 Jahren im Preis stark gestiegen. Es sei eine Frage des Vertrauens zum Händler, wenn ein Käufer spekuliere, nur ein gut informierter sachkundiger Händler könne kommende Trends und mögliche Preissteigerungen vorhersehen.

„Grundsätzliche Devise ist, nie etwas nur als Wertanlage kaufen”, sagt Szaal. „Wertbeständigkeit ist bei Antiquitäten ~ gegenüber anderen Geldanlageformen - jedenfalls gesichert. Beim Schmuck als Wertanlage ist neben den Kriterien der Steinqualität , und des Feingoldgehalts auch die Verarbeitung ausschlaggebend.”

Gibt es nun tatsächlich spektakuläre Wertsteigerungen? Ja, meint Szaal. Das sei beispielsweise beim Art Deco-Schmuck der Fall und reiche bis zu Schmuck aus den fünfziger Jahren, Schmetterlinge seien derzeit sehr gefragt. Bei den Gemälden seien etwa die Werke Alfons Waldes in den letzten 25 Jahren stark gestiegen, und zwar bis zu 300 Prozent. Bei den Möbeln stagniere derzeit der Jugendstil, Biedermeier- und Barockmöbel seien im Steigen begriffen.

Was ist nun tatsächlich eine „Antiquität”? Dazu Szaal: „Zu unterscheiden ist zwischen Antiquitäten und Kunstobjekten. Bis vor etwa 30, 40 Jahren wurde alles, was vor 1850 entstanden ist, als Antiquität bezeichnet. Alles, was jünger war als hundert Jahre, zählte zunächst nicht als Antiquität. Mit dem Fortschreiten des

Jahrhunderts haben sich hier die Maßstäbe verändert. Objekte des Historismus werden nicht als Antiquität bewertet, Jugendstil und Art Deco hingegen schon. Meiner Meinung nach sind Objekte, aus welcher Epoche auch immer, die einen kunsthistorischen Anspruch erheben, als Antiquität zu bezeichnen .”

Hat der Käufer nur bei einer richtigen „Antiquität” Anspruch auf eine Expertise? Nein, jeder seriöse Antiquitätenhändler versieht auf Wunsch des Kunden seine Objekte mit einer Expertise. Bei Messen und Verkaufsveranstaltungen bestimmen die Veranstalter die Kriterien.

Und das Bestaurieren? Ein Objekt sollte so behandelt werden, wie es zur Zeit seiner Enstehung behandelt worden ist, die Ergänzung darf nicht mehr als 20 Prozent betragen. Natürlich seien nahezu alle im Handel erhältlichen Möbelstücke restauriert, es soll möglichst der Originalzustand erreicht werden. Es restaurieren in diesem Bereich speziell ausgebildete Fachkräfte, häufig Tischler mit Spezialausbildung beispielsweise in Italien. Die Fachkräfte sind entweder bei den Antiquitätenhändlern angestellt oder führen selbständige Betriebe.

Bei der bevorstehenden Antiquitätenmesse in den Palais Ferstel und Harrach werden die ausgestellten Objekte noch zusätzlich von Sachverständigen begutachtet, um den Käufern eine besondere Sicherheit zu bieten.

Wer kauft nun was ? „Es gibt das konservative Publikum, es gibt die Anleger, es gibt die Liebhaber.” Stimmt die Annahme, daß Österreicher in erster Linie Österreichisches kaufen? „Das gilt bis jetzt sehr wohl, wird sich aber - auch durch den EU-Beitritt - langsam verändern. Jugendstil-Schmuck aus Österreich ist hier besser zu verkaufen als französischer. Auch österreichische Objekte werden dann mehr in andere Länder verkauft werden. Es wird sicher ein breiterer Austausch stattfinden als bisher.”

„Heuer veranstalten wir ja erstmals eine internationale Antiquitätenmesse, was heißt, daß heuer erstmals Kollegen aus dem Ausland, vor allem aus Deutschland, bei uns ausstellen. So wird ein deutscher Kollege die bei uns bestehende Lücke des Handels mit antiken Objekten füllen, dieser Markt ist in Österreich noch weitgehend un-ausgeschöpft.”

Und was macht die Volkskunst, die rustikalen Objekte? Boomen diese immer noch? Szaal: „Oh ja, diese Objekte sind immer noch sehr begehrt, wobei zwischen Volkskunst und hochwertigen Werken zu unterscheiden ist”

Österreichs Beitritt zur EU hat den internationalen Austausch, die Veranstaltung internationaler Messen organisatorisch erleichtert. Auch die Tatsache, daß gemäß EU-Richtlinien die Differenzbesteuerung eingeführt wurde, daß also Mehrwertsteuer lediglich für den Differenzbetrag zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis zu zahlen ist, wird dem Antiquitäten-handel neue Impulse bringen.

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