6751599-1967_30_10.jpg
Digital In Arbeit

Über den privaten Kreis hinaus

Werbung
Werbung
Werbung

Bald öffnet sich dieses zweieinige sorgende und liebende Füreinander dem gemeinsamen Lieben und Hoffen und Glauben, der gemeinsamen Sorge und Pflege dem Kind, den Kindern gegenüber, öffnet sich ihrer Verschiedenheit, ihren Wachstumsphasen, allen ihren Nöten und Freuden und Problemen, bis die Kinder das Ja, das die Eltern zu ihnen gesprochen, das sie Mensch werden hieß und ihr Mensch- und Christsein zur Entfaltung brachte, zur nächsten Familiengründung in ihrem Trauungsja und ihrer Lebenshingabe weitergeben, womöglich für ihren Partner aufgetaner als die Eltern füreinander waren.

Aber die elterliche Sorge und Liebe öffnet sich nicht nur den Kindern, sondern auch ihren sich ständig weitenden Lebensräumen: vom familiären Heim über den Kindergarten zur Schule und Hochschule, vom Spielplatz in der Stube bis zum Lehrplatz und zum Posten im Beruf, vom Gebetswinkel im Heim bis zur pfarrlichen Jungschar- und Jugendgruppe usw. Und sind Eltern als Erwachsene den großen Bereichen des Berufes und der Wirtschaft, des Staates wie der Kirche ganz natürlich zugeordnet, manchmal zu ausschließlich, müssen sie nun den Weg durch alle Bereiche, den sie als Kinder und Jugendliche schon einmal gegangen sind, mit ihren Kindern nochmals gehen.

Ihre Kraft als einzelnes Paar genügt dabei gerade für den privaten Lebensbereich des eigenen Hauses, das in jeder Hinsicht erste Milieu, doch in der Sorge um den nächstgrößeren Bereich des zweiten Milieus ihrer Kinder, der Schule und der Pfarre, müssen sie sich schon

Eltern verbinden, um ihre guten Absichten durchzusetzen. Für den Kampf um eine kinder- und jugendfreundliche Ordnung der großen öffentlichen Bereiche aber brauchen sie die gesammelte Kraft der Familien- und Eltemverbände.

Primäre göttliche Sendung

Für Ehe und Familie mit den angedeuteten wachsenden Lebensbereichen hat die größte Zahl der erwachsenen Laien, nämlich alle Verehelichten, auch die tiefsten persönlichen, natürlichen und übernatürlichen Motive und Antriebe. Für die gleichen Ziele ist aber auch die direkte göttliche Sendung des Laienpaares am dichtesten und allen begreiflichsten, für die Christen noch verdeutlicht durch ein eigenes Sakrament, das man mit mehr Recht als irgendein anderes Sakrament das Sakrament des Laienstandes bezeichnen kann: weil es den Laien, zumal in der lateinischen Kirche, ausschließlich gehört und ihrem dauernden Lebensstand in der Kirche Würde und Amt verleiht;

Diese persönlichen tiefsten Interessen und göttlichen Beauftragungen des Laien treffen hier zugleich in die größten Interessen des Staats- und des Gottesvolkes: Die Eltern formen alle künftigen Bürger der beiden Welten als Kinder und Jugendliche, also in der aufgeschlossensten und prägsamsten Phase ihres Lebens, grundlegend in ihrem Menschentum und Christsein und werden durch diese gemeinsame Erziehungstat selbst entscheidend, menschlich und christlich weitergebildet und womöglich in der Liebe vollendet. Heute ist diese Elternaufgabe mehr denn je notwendig und das Konzil urgiert sie vielfach und vordringlich: „Das Apostolat der Gatten und der Familien ist von einzigartiger Bedeutung für die Kirche und auch für die zivile Gesellschaft“ (Laiendekret 11, Kirche und Welt 47, 52; Kirche 35; Erziehung 2, 3, 6, 7, 8).

Im Bereich der Familie konzentrieren sich also tiefe private und öffentliche, kirchliche und göttliche Interessen. Deswegen dürfte der Ruf nach Laienapostolat, von hierher motiviert, das meiste Echo haben und am ehesten Gegenliebe finden. Aber in der Zeit der ersten Liebe und Familiengründung entsteht zugleich ein starker Sog, sich zu isolieren, sich mit den vielen neuen Aufgaben in seine vier Wände zurückzuziehen. Greift nun im Volk diese Isolation um sich, bleiben in der Folge die meisten Ehepaare und Eltern und dann auch die Kinder in ihren Lebensbereichen in den für die Formung des Menschen und des Christen entscheidenden Lebensphasen sich selbst überlassen und daher vielfach ungeformt und kommen alle Einzelnen und alle Gemeinschafter von diesen in der Isolation verharrten und geschwächten Zellen her in wachsende Gefahren.

Seelsorge für die Ehepaare

Die Strukturen der Seelsorge müssen diesen funktionellen Unterbai les Volkes und der Kirche, dieses irganische Wirken der Eltern und Familien auf jede Weise stützen ind stärken. Vor allem geht es iarum, das all dieses Wirken tragende, lebendige Miteinander des She- und Eltempaares, das im Alltag ind in der Länge der Jahre leicht ermüdet und versandet und in der leutigen Umwelt noch zusätzlichen schweren Zerreißproben ausgesetzt '.st, geistig und religiös zu nähren and zu festigen.

Gott der Herr, dessen „Koopera-tor“ der Seelsorger ist, bleibt in der Heilsgeschichte vordringlich und Immer wieder um den rechten Bestand der Ehe und der Familie bemüht. Den größten Teil seines Lebens verbringt Christus in seiner Familie, und auch sein öffentliches Hervortreten beginnt mit den zwei ersten Wundern in Kana und endet (Abendmahlsaal. Ostererscheinun-gen) im Privathaus, nicht im Tempel Er sendet seine Jünger mit Vorzug in die Häuser und wirkt heute noch mit der Reihe seiner Sakramente, von der Trauung bis zu den Sakramenten, die zuerst die Kinder empfangen, bis zu den Krankensakramenten, ja selbst noch mit dei Primiz und mit jedem eucharisti-schen Sonntag, in die entscheiden-sten frohen oder schmerzlichen Lebensphasen der Familiengemeinschaft als solcher. Schon übe:

die Sakramente Christ ist so der Priester eigentlich Familienseelsorger und er erreicht über sie immer noch weitaus am meisten Menschen und Familien in aufgeschlossensten Stunden und mit der Gnadenfülle Christi. Ihre Spendung müßte nur noch menschen- und familiengemä-ßer gestaltet werden.

Die Konzilstexte unterstreichen gerade diese Sparte der Seelsorge und wollen sie besonders der Familie öffnen: Entfaltung der Trauungsliturgie, Mitwirkung der Eltern bei der Taufspendung, die Familie als ganze soll die Messe mitfeiern. Kaum je sprechen die Texte von getrennten Männer- und Frauengruppen, überall und häufig ist vom gemeinsamen Werk der Ehe- und Eiternpaare die Rede, und mehrfach werden der priesterlichen Seelsorge die Ehe- und Familiengruppen ans Herz gelegt.

Es wird vor allem in diesen Gruppen darum gehen, das partnerschaftliche Miteinander der modernen Zeit zu pflegen, die Ehen und Familien füreinander zu öffnen und sie Sü einem gemeinsamen sozialen und apostolischen Einsatz zu führen; denn die Aufgaben der Familie reichen sehr bald über die eigenen vier Wände hinaus und können daher nur im Miteinander der Eltern und Familien einer Pfarre, einer Schule, einer Stadt gelöst werden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung