7117149-1996_19_22.jpg
Digital In Arbeit

uni-abschluß - was nun?

Werbung
Werbung
Werbung

An Österreichs Hochschulen und Universitäten gärt es. Vom Bildungsnotstand ist die Rede und von der Gefahr, daß unser Land zum Ausbildungs-Entwicklungsland verkommt. Eine Studie des Wiener Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw) vom Herbst vergangenen Jahres, hat sich mit der heimischen Akademikerausbildung im internationalen Vergleich, den strukturellen Unterschieden der Bildungssysteme und den wirtschaftlichen Auswirkungen der Hochschulexpansion befaßt. Das Ergebnis: Die oft geäußerte Behauptung, Österreich habe im internationalen Vergleich zu wenig Akademiker, muß ins rechte Licht gerückt werden.

Wie die Studie zeigt, beruht diese Annahme auf Mißverständnissen, denn man orientiert sich an Ländern, die ihre Akademikerausbildung ein bis zwei Abschlüsse unter dem Magister eingerichtet haben. Nimmt man jedoch die dem Magisterium vergleichbarem Bildungsstrukturen her, so liegt Österreich mit 7,9 Prozent Absolventen über dem Durchschnitt der OECD-Vergleichsländer, wo 7,5 Prozent mit vergleichbaren Diplomen ihr Studium absolvieren. Viele Länder haben zudem Bachelor-Abschlüsse unter dem Magister eingerichtet. In Österreich werden derartige Abschlüsse nicht akzeptiert.

Der internationale Akademikervergleich hinkt aber auch deshalb, weil zwar Fachhochschulen nach deutschem Vorbild, oder berufsbildende Hochschulen wie in den Nie-

derlanden berücksichtigt werden, die österreichische Berufsbildende Höhere Schule (BHS) mit deren anschließenden Kollegs jedoch nicht. Damit läßt sich auch unser „Bildungsnotstand" gegenüber Deutschland erklären, das mit zwölf Prozent die höchsten Bildungsabschlüsse aufweist.

Geklagt wird in Österreich auch über die große Zahl der Studienabbrecher und das relative hohe Alter der Absolventen. Während ein britischer Hochschulabsolvent vor dem 23. Lebensjahr ins Erwerbsleben einsteigt, erreichen die Österreicher durchschnittlich erst mit 28 Jahren ihren Abschluß. Zu erklären sei dies mit der sehr hoch gelegten „Latte"

für den Erstabschluß, meint Arthur Schneeberger, der für die ibw-Studie verantwortlich zeichnet.

Trotz dieser „Benachteiligung" herrscht in Österreich kein Mangel an Hochschulabsolventen. Im Gegenteil: In den Lehr- und Kulturberufen suchen 2.300 einen Arbeitsplatz. Und jährlich kommen über 2.000 Absolventen der Pädagogischen Akademien und 10.500 Universitätsabsolventen dazu. Die Steigerung im letzten Jahrzehnt betrug 45 Prozent.

Fast 70 Prozent der Absolventen von Hochschulen und verwandten Lehranstalten strömten zwischen 1981 und 1991 in den Staatsdienst, in die Bereiche Bildung, Kultur, Soziales, Gesundheit und in die Verwal-

tung. Angesichts des Sparpakets und des Aufnahmestopps im öffentlichen Dienst werden sich daher auch diese Absolventen zukünftig mehr an einer Berufstätigkeit in der Wirtschaft orientieren müssen, empfiehlt die Studie.

Doch auch die Wirtschaft meldet keinen Akademikerbedarf an. Sie scheint mit den Absolventen der BHS fachlich gut bedient zu sein. Zwischen 1981 und 1991 wurden deren Absolventen zu 87 Prozent in Wirtschaftsunternehmen beschäftigt. Zudem hat das Neuangebot am Akademikerarbeitsmarkt auch für die Wirtschaft enorm zugenommen: Die Zahl der jährlichen WU-Absolventen hat sich im letzten Jahrzehnt um 109 Prozent, jene der Technikabsolventen um 73 Prozent erhöht.

Die Wirtschaft hat keinen Bedarf

Die Frage „Haben wir zu wenige Akademiker?" stellt sich daher nicht. Eine deutsche Untersuchung zum zukünftigen Arbeitskräftebedarf zeigt zudem einen Universitätsabsolventenbedarf von elf Prozent der Erwerbstätigen im Jahr 2010. In Österreich wiesen bereits 1991 rund elf Prozent der 34jährigen Bevölkerung den Abschluß einer Hochschule oder hochschulverwandten Lehranstalt auf.

Die Studie des Instituts für Bildungsforschung kommt daher zum Schluß: „Aufgrund der steigenden Studierneigung ist auch in Zukunft keine Unterversorgung des Arbeitsmarktes in den formal höchsten Bildungsbereichen zu erwarten."

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung