"Universitäten haben Vordenkerfunktion"

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Bernhard Pelzl, Geschäftsführer der Forschungsgesellschaft Joanneum Research, zum Vergleich von Universitäten und Fachhochschulen.

Die Furche: Universitäten werden im Gegensatz zu Fachhochschulen oft als reformunfähig bezeichnet. Können Sie diese Meinung teilen?

Bernhard Pelzl: Keinesfalls. Universitäten sind in höchstem Maße reformfähig, was ihnen vor dem Entwurf des Universitätsgesetzes 2002 aber teilweise verwehrt war. Das Problem war, dass sie die Reformen nicht aus eigener Kraft durchsetzen konnten. Das liegt auch daran, dass sich an den Universitäten eine Expertenorganisation entwickelt hat. Und solche Expertenorganisationen zeichnen sich durch eine sehr große Individualisierung der Mitarbeiter aus. Damit sind sie als Einzelmitglieder auch international sehr erfolgreich. Nun wäre ein wesentlicher Schritt, mit Hilfe von außen einfach eine neue Kultur entstehen zu lassen, die auch das Gemeinsame einer Universität in den Vordergrund stellt. Mit den Universitätsräten, die von außen kommen, ist das zum Teil schon garantiert. Jetzt wären sie gut beraten, Persönlichkeiten als Rektoren vorzuschlagen, die ebenfalls diesen Teil einbringen.

Die Furche: Glauben Sie, dass die Fachhochschulen den Universitäten hinsichtlich der Qualität der Lehre den Rang ablaufen?

Pelzl: Universitäten haben ein wesentliches Alleinstellungskriterium: die Reflexion, die Theoriebildung, der intellektuelle Diskurs. Ich wäre ein Gegner davon, wenn es sich die Universitäten zum Ziel machen würden, bessere Fachhochschulen zu werden. Das ist nicht ihre Aufgabe. Diese Reflexion spielt ja in den Fachhochschulen eine untergeordnete Rolle. Es wäre falsch zu sagen, dass FHs gar keine Reflexion hätten, aber ihr Ausbildungsziel ist ein anderes als an der Universität. Absolventen von Fachhochschulen, deren Curricula gemeinsam mit der Wirtschaft entwickelt worden sind, können unmittelbar in einen Wirtschaftsbereich eintreten und dort sofort volle Leistung erbringen, während die Universitäten eine zusätzliche intellektuelle Dimension vermitteln sollen. Hier handelt es sich um unterschiedliche Ziele: Das ist so, wie wenn ich Rennfahrer bin oder ein guter Autofahrer im Stadtverkehr. Wir sollten grundsätzlich keinen Zweifel daran lassen, dass die Universitäten sowohl von ihrer Qualität, als auch von ihrem Verständnis her einen höheren Level haben als Fachhochschulen. Dass aber Fachhochschulen im Einzelfall qualitativ besser ausbilden, kann ich nicht ausschließen. Es gibt eben überall gute und schlechte Leute.

Die Furche: Fachhochschulen können sich die Studierenden nach ihren Kriterien aussuchen. Bräuchte man auch an den Unis diese Auslese?

Pelzl: Das ist nicht notwendig. Ich glaube, die Leistung wird dann besser, wenn die Mittel und Möglichkeiten, die den Universitäten zur Verfügung stehen, systematisch aufgeteilt werden. Das zentrale Problem an den Universitäten ist der Personalmangel bei der Betreuung der Studierenden. Sie leiden unter einer Ressourcenknappheit bei der Ausbildung, aber sie haben gleichzeitig genug Sanktionsmöglichkeiten, um im Zuge des Studiums auch wirklich zu filtern.

Die Furche: Es gibt Stimmen, die an den Universitäten - ähnlich wie an den Fachhochschulen - mehr innere und äußere Kontrolle einmahnen...

Pelzl: Die Universitäten sind das Rückgrat aller Forschungsinstitute. Sie sind in ihrem Wissen und in ihrer Kompetenz allen voraus - das ist ihr Kerngeschäft. Die Frage ist aber, ob sie das tatsächlich immer sind. Die Unis haben sicher kein Problem im inhaltlichen Bereich. Sie haben aber ein Problem in ihrer Struktur. Es wäre deshalb auch mein Wunsch, wenn etwa die Lektoren einer Kontrolle unterliegen würden, doch das ist im derzeitigen System nicht vorgesehen.

Die Furche: Sehen Sie Kooperationsmöglichkeiten zwischen Fachhochschulen und Universitäten?

Pelzl: Ich könnte mir vorstellen, dass Universitäten damit beginnen, als Trägergesellschaften Fachhochschullehrgänge zu führen. Aber dass Universitäten vor den Fachhochschulen Angst haben müssten, kostet mich nicht einmal einen Lacher.

Das Gespräch führte Thomas Greistorfer.

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