Viel Feind, viel Ehr'

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Die Feierstunde war mit Bedacht gewählt: Erst Dienstag Abend - und nicht schon am 11. Mai, am Tag des Anlasses selbst - lud Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zur Ehrung der Bildungsministerin. Stilecht im Technischen Museum feierte die Staatsspitze den 60. Geburtstag von Elisabeth Gehrer. Und ihre Zufriedenheit konnte an diesem Abend größer nicht sein: Nach monatelangen Querelen, angedrohten und durchgeführten Streiks sowie einer undurchdringlich scheinenden Ablehnungsfront hatte wenige Stunden zuvor das von ihr initiierte "Universitätsgesetz 2002" den Ministerrat passiert.

Auch wenn Kompromisse notwendig wurden und die Hochschullehrer-Gewerkschaft eine "Eskalation der Kampfmaßnahmen" für Juni angekündigt hat, falls das Gesetz nicht ihren Vorstellungen entspricht: Mit der so ambitionierten wie umstrittenen Uni-Reform hat Gehrer ihrer bereits langen Liste politischer Erfolge den wohl größten Brocken hinzugefügt. Gar viel kann die Politikerin, die 1995 von Wolfgang Schüssel als Unterrichtsministerin in sein Regierungsteam geholt wurde, 1999 zur Stellvertreterin des VP-Chefs avancierte und mit dem Antritt der ÖVP-FPÖ-Koalition im Februar 2000 auch die Wissenschafts-Agenden dazubekam, auf der Habenseite verbuchen: Unter ihrer Ägide wurde die Ausweitung der Schulautonomie beschlossen, ebenso die Einführung eines Frühwarnsystems für schlechte Schülerleistungen, der Englisch-Unterricht ab der 1. Klasse Volksschule, die Umsetzung des neuen "Lehrplans 99" an den Hauptschulen und der AHS-Unterstufe, neue Dienstrechte für Pflichtschul- und Uni-Lehrer, die Überführung der Bundesmuseen in die Vollrechtsfähigkeit sowie das Rückgabegesetz für die Restitution von Raubkunst.

Spätestens mit ihrem Richtungsschwenk bei den Studiengebühren hat sich die 1942 in Wien geborene und später in Innsbruck und Bregenz beheimatete ausgebildete Volksschullehrerin den Zorn der Hochschülerschaft zugezogen. Wie auch immer die Studierendenvertreter, Rektoren und Hochschullehrer nun auf den beschlossenen Gesetzestext reagieren: Bis zur endgültigen Verabschiedung am 11. Juli im Parlament wird von Gehrer in jedem Fall Überzeugungsarbeit zu leisten sein. Zu nachhaltig scheint der Vertrauensbruch, der sich im permanenten Vorwurf der bewussten Fehlinterpretation einerseits und der Diskussionsverweigerung andererseits manifestiert.

Indes kämpft Elisabeth Gehrer noch an anderen Fronten: Auch die Reform der AHS-Oberstufe und die delikate Formulierung einer österreichischen Position zur Förderung embryonaler Stammzellforschung stehen an. Klagen über mangelnde Reibeflächen werden also von der streitbaren Ministerin in nächster Zeit kaum zu hören sein. DH

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