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Völker im Volke Österreichs
Auf deutschkärntner Seite wird darüber Klage geführt, daß in den amtlichen Verzeichnissen der Schulstatistik“ als utraquistische Schulen selbst jene geführt werden, an denen nur ein einziger Schüler Unterricht in deutsch-slowenischer Unterrichtssprache (das ist nur in den Schulstufen 1 bis 3 möglich) oder slowenischen Sprachunterricht erhält, also Slowenisch als Lehrfach (was nur in der 4. bis 8. Schulstufe vorgesehen ist) geführt wird. Tatsächlich ist nach der heutigen Rechtslage dies auch dann der Fall, wenn an einer solchen Schule gar kein Schüler für den Slowenisch-Unterricht angemeldet ist. Denn das Kärntner Schulsprachengesetz bestimmt als gemischtsprachig einfach jene öffentlichen Schulen, für welche die
Schulsprachen-Zwangsverordnung von 1945 gegolten hat, also insgesamt 98 Volksschulen (davon entfallen auf Völkermarkt und Zell je zwei Schulen).
Gegenstand freiwilliger Reifeprüfung
Die Zahl slowenischer Schüler an der Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt in Klagenfurt (Musisch-Pädagogischen Akademie) wird nicht verlautbart. Ihre Zahl soll eher groß sein (über 40). Zur Heranbildung von Lehrern für den zweisprachigen Unterricht findet an dieser Anstalt auf Grund freiwilliger Anmeldung Unterricht in Slowenisch mit ergänzender Reifeprüfung aus Slowenisch und ergänzender Lehr-befähigungsprüfung für Slowenisch statt.
Auf betont deutscher Seite wird den Slowenen, obwohl der Staatsvertrag 1955 in Art. 7 dies bei wohlwollender Auslegung vorsieht, das Recht auf eine eigene höhere Schule (Gymnasium) abgesprochen“. Dem Bundesminister für Unterricht Dr. Heinrich Drimmel, der ganz gewiß nie Interessen des deutschen Sprach- und Kulturvolkes benachteiligt hat, ist es zu verdanken, daß trotz dieses Widerstandes in Klagenfurt das Bundesgymnasium und Realgymnasium für Slowenen (Drzavna Realna Gimnazija in Gimnazija za Slovence) 1957/58 ins Leben trat. Die Anstalt heißt seit der österreichischen Schulreform (Erlaß des BM. f. Unterricht vom 20. Februar 1964) „Bundesgymnasium für Slowenen in Klagenfurt“ („Drzavna gimnazija za Slovence v Celovcu“, die Übersetzung der deutschen Bezeichnung ist nicht ganz exakt). Man hat ursprünglich auf deutschkärntnerischer Seite geglaubt, die Anstalt werde angesichts des Fehlens einer nennenswerten Schülerzahl für den Slowenischunterricht an Volksschulen an Schülermangel bald eingehen. Überraschenderweise ist jedoch das Gegenteil der Fall. Die Anstalt wies 1963/64 323 Schüler (davon 117 Knaben) aus und Ende des Schuljahres 1964/65 362 (davon 137 Knaben)54. Von 23 zur Reifeprüfung 1965 angetretenen Schülern erlangten 21 die Hochschulreife, einer wurde zurückgestellt. 147 der
Mittelschüler entstammen bäuerlichen Familien. Da Klagenfurt rein deutschsprachig ist, haben slowenische Schüler entweder einen entsprechenden Anfahrweg (Fahrschüler) oder müssen in einem der slowenischen Studentenheime (1964/ 65: 258 Heimschüler) wohnen.
Seit kurzem gibt es einen eigenen Landesschulinspektor für das Slowenische Gymnasium und für den Slowenischunterricht an Kärntner höheren Schulen, und zwar seit 24. Dezember 1963, dies in der Person von Professor Dr. Valentin Inzko, dem Vorsitzenden des (katholischen) Volksrates der Kärntner Slowenen. Die Zahl der Mittelschulprofessoren slowenischer Volkszugehörigkeit ist mit derzeit 21 ausreichend. Ausländer werden nicht (mehr) benötigt. Direktor des Slowenischen Gymnasiums ist der bekannte Kärntner Slowenenführer und ehemalige Obmann des Volksrates, Professor Dr. Josef Tischler. Seit letztem Jahr gibt es auch einen Bezirksschulinspektor für das slowenische Volksschulwesen in der Person des Volksschuldirektors Rudolf Vouk, des Verfassers mehrerer slowenischer Schullesebücher (zum Beispiel des reizenden „Mojca bere“), die mit ihrer österreichischen Heimattreue und zugleich Kärntner Bodenverbundenheit die Volkstreue auf unkomplizierte Art zu verbinden wissen.
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