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Wahlen in der Kirche

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in der Mainummer 1968 des „Wiener Diözeeanblattes“ wurde von Kardinal König eine Wahlordnung für die Wahl der „Pfarrvertreter in den Regionalkonferenzen“ der Wiener Diözesansynode erlassen. Man sprach im Rahmen der Vorbereitung der Synode schon länger davon. Im Anschluß an den Erfolg der Regionalkonferenzen der Laien, die gegen 2000 Beschlüsse auf den Beratungstisch der Synode legten, beschloß die Zentralkommissdon, der gegen 70 Priester und Laien angehören fast einstimmig die Durchführung von Wahlen. Sie wollte damit die Regionalkanferenzen aus dem Stadium des Experiments entlassen und in den offiziellen Vorgang der Synode eingliedem. Alle interessierten Gläubigen sollen Gelegenheit haben, Personen ihres Vertrauens als Vertreter in die Regionalkonferenzen der Synode zu entsenden beziehungsweise dieselben Personen als Leitungen der Pfarr- konferenzen der Synode zu bestellen. Denn alle Vorlagen der Synode sollen auch den Gremien der Region und Pfarre zur Diskussion, Ergänzung und Veränderung vorgelegt werden. Die Gewählten haben nicht etwa einen Repräsentationsstatus, sondern die Aufgabe der Mitbera- tung und Beschlußfassung über alle Fragen der Kirche in der Erzdiözese Wien. So sol das gesamte Volk Gottes die Möglichkeit erhalten, durch Wahlen auf die Vorgänge der Synode einzuwirken. Dadurch werden grundsätzliche Aussagen des Konzils in einen sehr konkreten, anschaulichen Vorgang umgesetzt.

Die Synode Wien versucht bereits bei ihrer Vorbereitung das Konzil ernst zu nehmen, gerät dabei aber in die Situation jedes Erneuerers.

Kennern der Verhältnisse war von vornherein klar, daß begeisternd zustimmende Kleriker selten sein werden wie die ersten Schwalben, die in diesem Fall noch keinen „Synodensommer“ machen. Ein großer Prozentsatz wird den Anordnungen — mit welchen Gefühlen immer — Folge leisten. Und die anderen?

Von den Laien, die im Rahmen der Synode erstmals Meinungen und Vorschläge zu allen Gebieten des Glaubens und der Kirche Vorbringen dürfen und Versicherungen haben, daß nichts „unter den Tisch fällt“, erwartet man Zustimmung und gediegene Mitarbeit. Die Wahlen werden viel Arbeit verursachen. Arbeit, die innerhalb der Kirche noch unbekannt ist. „Geübte Demokraten" freilich haben da und dort, wie man hört, schon die Zügel in der Hand.

Demokratie?

Wie schon oft in der Geschichte wirkt dieses Wort nun auch in der Kirche als Aufruf zur Auseinandersetzung. Ohne dramatisch werden zu wollen, muß man feststellen, daß die Woge der „Demokratisierung“ auf den „Fels der hierarchischen Struktur“ geprallt ist.

Wie verhält es sich mit dieser „Demokratisierung“, infolge der am 15. September 1968 die Meßbesucher während der Gottesdienste ihre „Pfarrvertreter in den Regionalkonferenzen“ und zugleich die Leitungen der Pfarrkonferenzen der Synode wählen sollen? Man hätte diese je nach Pfarrgröße ein bis zehn Synodenmandatare auch aus den Reihen der katholischen Organisationen delegieren oder durch den Pfarrausschuß, Pfarrbeirat, Pfarrer bestellen können. Besonders im Landibereich, aber auch in der Stadt, kennt man doch die wirklich Aktiven, die Bescheidwissenden, die „Säulen und Stützen“.

Wahlen in der Kirche — ist das noch katholisch?

Gewählt werden Laien von Laien. Einige Mitglieder der Zentralkom mission der Synode, und zwar Priester, meinten, Priester und Laien sollten gemeinsam ihre Vertreter für die Synode wählen. Laienmitglieder der Zentralkommission stellten vor Augen, daß man „sicher noch nicht soweit sei“, psychologisch noch nicht soweit.

Laien werden also von Laien gewählt. Welche? Vom Wahlkomitee aufgestellte und durch eine entsprechende Anzahl von Unterschriften auf die Liste gesetzte Kandidaten. Personen also, die nach Gesichtspunkten der Tüchtigkeit und Aktivität ausgewählt sind, von denen man annimmt, daß sie „syno- dabite“ seien. Da doppelt so viele Kandidaten als zu wählende Vertreter aufzustellen sind, werden nur die aus der Liste Hervorstechenden gewählt werden.

Haben „Außenseiter“ Chancen?

Haben „progressive pressure groups“ Chancen? Da müßten sie Pfarren umkrempeln oder die Zahl der Kirchembesucher verdoppeln können (denn die Dominikantes werden „Randchristen“ mit Recht nicht zum Zug kommen lassen). Derartigen Leistungen könnte man einen Wahlerfolg gönnen.

Dem Klerus wird kein Recht genommen, keines beschnitten. Er hat nach erfolgter Wahl den Vorteil, Personen für die Synodenarbeit zu haben, die man zur Verantwortung ziehen kann. Denn die Gewählten sind für die Dauer der Synode von der Gemeinde bestellt und können nicht so leicht kneifen wie die freiwilligen oder berufenen Helfer. Freilich haben diese Gewählten auch verbriefte Rechte. Aber auch die nicht verbrieften Rechte der Laien müßten endlich ernst genommen werden, wenn man die „Guten“ nicht für ständig verlieren und durch „nicht mehr so Gute“ aber Willigere ersetzen will.

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