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Wenn am Ende des Geldes zuviel Monat übrig ist...

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Die Zeiten, wo Jugendliche höchstens zum Weltspartag in eine Bank kamen, sind vorbei. Heute können die jungen Konsumenten bereits in speziellen Filialen ihre Geldgeschäfte erledigen.

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Die Zeiten, wo Jugendliche höchstens zum Weltspartag in eine Bank kamen, sind vorbei. Heute können die jungen Konsumenten bereits in speziellen Filialen ihre Geldgeschäfte erledigen.

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Am Bildschirm, in der linken Ecke gleich beim Eingang, flimmern gerade die aktuellsten Video-Clips der Musiksender MTV und VIVA. Gegenüber sitzen zwei Jugendliche, ungefähr 17 Jahre alt, in einer gemütlichen Couch. Vor ihnen steht ein kleiner Tisch, darauf gekühlte Getränke. An der Wand hinter ihnen ein Plakat mit den Worten: „Reden wir über's Leben.”

Nein, wir befinden uns nicht in einer mit Second-hand-Möbel ausgestatteten Studentenbude. Auch der Tip, das sei ein „typisches Jugendlokal” wäre falsch.

Der mit einer Internet-Bar ausgestattete Raum, dem das licht aus den Halogen-Spots einen modernen Touch geben soll, ist die neue „Jugendbank”: eine eigene Filiale, ein Abzweiger des Hauptgebäudes, in der den jungen Kunden Besonderes geboten wird.

„Wir möchten ein bestimmtes Ixv bensgefühl vermitteln”, erklärt Erich Hapel, Leiter der Jugendbank „Mo-ney$Penny” im niederöstereichischen Mödling. „Jugendclubs, wie sie die meisten Geldinstitute haben, bieten im Grunde eigentlich alle das gleiche”, gibt er zu.

Durch die getrennten Räumlichkeiten soll es nun leichter werden, den Bedürfnissen der einzelnen Zielgruppen gerecht zu werden. Für die Zusammenarbeit mit Kunden zwischen 15 und 25 Jahren haben sich einige Neuheiten ergeben:

Dazu zählen andere Öffnungszeiten, von elf Uhr vormittags bis abends um halb sieben, sowie junge Bankangestellte, die mit ihren Kunden „per Du” sind. Auch neue Produkte werden angeboten. So bietet das Geldinstitut für die Jugendlichen ein Sparbuch auf Karte, das jederzeit fällig ist und bei dem die Zinsen mit der Höhe des angesparten Betrages steigen. Das bedeutet: je mehr Geld auf dem Sparbuch, desto höher der Zinssatz.

Auf die Frage, ob sich diese Investitionen - eigene Filiale, eigene Betreuer, gratis Internetzugang und so weiter - überhaupt rentieren, antwortete Hapel: „Es handelt sich um ein Langzeitprojekt. Das Defizit aus der Jugendbankstelle soll in den anderen Bankstellen wieder zurückkommen.”

Das Besondere an diesem Projekt sei die lange, intensive Zusammenarbeit mit den Schulen. Das Marketingkonzept ist von Schülern der Handelsakademie entwigkelt worden. Verantwortlich für die Projektkoordination waren die Schüler eines Gymnasi ums.

Das Outfit der Bankangestellten wurde in der Modeschule entworfen. Außerdem wurden die Bedürfnisse der Jugendlichen durch eine Umfrage — die Schüler durchgeführt haben -erkundet. „Nach dieser umfangreichen Planung muß die Saghe einfach positiv werden”, ist auch die junge Fe-riaphäfhlhlln der Bank überzeugt.

Doch werden sich die jungen Menschen von dieser neuen Einrichtung wirklich begeistern lassen?

Bernhard Heinzelmaier vom Österreichischen Institut für Jugendforschung in Wien sieht die Entwicklung nüchtern: „Begeistern kann man heute überhaupt niemanden mehr.” Dem Image einer Bank würden solche Bemühungen in Richtung Jugend aber sicherlich guttun.

„Institutionen wie Banken und Versicherungen haben eine hohe Eintrittsschwelle”, erklärt Heinzelmaier weiter. Prunkvolle Marmorportale und das Gefühl „von oben herab” behandelt zu werden, würden Jugendliche oft abschrecken. „Einrichtungen wie die Jugendfilialen sind Versuche, diese Schwellen abzusenken.”

Warnungen davor, daß eigene Bankfilialen auch zu einer größeren Verschuldung der jungen Menschen führen könnten, schwächt Heinzelmaier ab: „Natürlich kann sich jemand verschulden, wenn es die Möglichkeit gibt, das Konto zu überziehen.” Doch ist er der Meinung, daß die Zielgruppe die Situation im großen und ganzen einschätzen könne. Außerdem wäre „der Imageschaden für das Geldinstitut zu groß, wenn es den Ruf bekommt, Jugendliche in die Verschuldung zu treiben.” So versichert auch Erich Hapel, Leiter der Jugendfiliale, nachdrücklich: „Wir werden keine Kreditschleuder an Jugendliche.”

Was kostf die Welt?

Heinzelmaier erW|rtet also von den Banken eine entsprechende Betreuung und Beratung. Dadurch wäre es den JugendlitJMffc möglich, den vernünftigelt Unwaifg miulitjsen alltäglichen MecrraWfheüWfczu lernerP* „Trotzdem”, fügt der Jugendforscher hinzu, „ist die Unterstützung aus dem Elternhaus wichtig.” Diese Meinung teilt auch dÄütsche Psychologin Annette Claar. Iri ihrem Buch „Was kostet die Welt? oder Wie Kinder lernen, mit Geld umzugehen” beschäftigt sie sich mit der Entwicklung ökonomischer Begriffe bei Kindern und Jugendlichen und beschreibt den Weg vom Sparschwein zum Gehaltskonto.

„In erster Linie sind die Eltern gefragt, wenn es darum geht, dem jungen Menschen bewußte und planende Verhaltensweisen im Umgang mit Geld zu vermitteln”, so die Autorin. Erwachsene könnten dies, indem sie verschiedene Rahmenbedingungen schaffen, Erfahrungsmöglichkeiten und Erklärungen anbieten zuletzt, indem sie in ihrem eigenen beobachtet werden könfM V Für Laien, im besonderen für junge Laien, seien die komplex strukturierten Geldinstitute und die vielen verschiedenen Dienstleistungsangebote nur schwer verständlich.

Wenn es also für Studenten, Schüler oder Lehrlinge - wie im Werbeslogan - wieder einmal heißt: „Was tun, wenn am Ende des Geldes zuviel Monat übrigbleibt?”, ist kompetente Beratung gefragt. Wenden sich die Betroffenen dann - vielleicht auch schon ein wenig früher - an den Betreuer hinter dem Schalter in der Jugendfiliale, so sind die Marketingexperten der Geldinstitute ihrem Ziel, den Kunden an das Unternehmen zu binden, wieder einen Schritt näher.

Doch damit nicht genug: „Heute läuft es nicht melvr so, daß ein Kout akt, der in frühen Jahren - beispielsweise durch das Schulsparen -4i&ffetellt wurde, ein ganzes Leben lang hält”, sagt Heinzelmaier. Die Einrichtung der Jugendbanken sei nach den zahlreichen Jugendclubs ein weiterer Versuch, die Bindung an ein Institut permanent zu verlängern.

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