Wenn der Notfall chronisch wird

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Unmittelbar vor dem Bologna-Jubiläumsgipfel am 11. und 12. März in Wien und Budapest ist die Stimmung an den Unis gereizt: Montag dieser Woche riefen Studentenprotestbewegungen aus Österreich und Frankreich zu europaweiten Hochschulstreiks auf. Aus Sicht der österreichischen Aktivisten von „Bologna Burns“ sei der Bologna-Prozess, der eigentlich verstärkt Mobilität und bessere Vergleichbarkeit von Bildungsabschlüssen bringen sollte, von der EU für die Ziele der Lissabon-Strategie instrumentalisiert worden. Die Folgen seien wirtschaftlicher Druck auf die Universitäten und Anpassung der Lehre an die Interessen der Wirtschaft.

Zum Reizthema „Bologna“ kommt an den österreichischen Universitäten die Aufregung um geplante Zugangsbeschränkungen. Obwohl sich Wissenschaftsministerin Beatrix Karl nur für Eignungs- und Neigungsüberprüfungen – „durchaus auf freiwilliger Basis“ – ausgesprochen hatte, wurde ihr Vorstoß beim ersten Zusammentreffen mit den „Audimaxisten“ im Semper-Depot (siehe Bild) als Affront empfunden.

Österreichs Rektoren wiederum geht Karls Idee nicht weit genug. So hat etwa die Wirtschaftsuniversität Wien beim Wissenschaftsministerium den Antrag eingereicht, für seine Bachelor-Studien im Sinne des „Notfallparagraphen“ 124b im Universitätsgesetz Platzbeschränkungen einführen zu dürfen. Künftig sollen laut WU-Rektor Christoph Badelt nur noch 2.050 Personen (statt derzeit 7.000) ein Bachelor-Studium beginnen dürfen – der Durchschnitt der prüfungsaktiven Studierenden der vergangenen Jahre.

„Notfallparagraf“ oder Gesamtlösung?

Neben der WU haben auch die Universitäten Wien, Salzburg und Klagenfurt für das Publizistik-Studium sowie die Technische Universität Wien und die Universität Innsbruck für das Architektur-Studium Beschränkungen beantragt. Anders als beim Medizin-, Veterinärmedizin- und Psychologiestudium, wo die Unis selbst Beschränkungen verhängen können, ist bei Anwendung des Notfallparagrafen die Zustimmung der Bundesregierung nötig. Im Fall der WU wird dieser Sanktus nun jedoch – sehr zum Ärger von Rektor Badelt – verweigert: Laut Presse habe die SPÖ ein Gutachten vorgelegt, das den WU-Antrag für rechtswidrig erklärt. Für den Vorsitzenden der Universitätenkonferenz, Hans Sünkel, ist der Notfallparagraf ohnehin „nicht der Weisheit letzter Schluss“. Die dort ermöglichten Zugangsbeschränkungen führten zu „Verdrängungseffekten“ in thematisch verwandte Fächer an anderen Universitäten. Immer mehr Universitätsvertreter fordern deshalb von der Regierung eine Gesamtlösung, die den Hochschulstandort Österreich insgesamt stärkt. (dh)

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