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Wichtige Beschlüsse für den Studienabschluß

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Die ordentlichen Studien werden in den meisten Studienrichtungen eine Zweiteilung zwischen Magisterdiplom und Doktoratsstudien erfahren. In manchen Studiengängen soll auch eine Dreiteilung und eine Grundstufe und eine Magister- beziehungsweise Diplomstufe und als letzte Etappe das Doktorat möglich sein. Bei dieser Gelegenheit wurde auch erstmals in Österreich die Möglichkeit der Einführung eines neuen akademischen Zwischengrades für die Absolventen der Grundstufe des Studiums in verschiedenen Fachrichtungen erörtert. Als Beispiel kann das Dolmetschstudium erwähnt werden, in welchem es vor dem Diplomdolmetsch die Stufe des akademischen Übersetzers gibt. Man hat diese Frage für das allgemeine Gesetz offengelassen. Im allgemeinen Teil des Hochschulstudiengesetzes wird die Einführung weiterer akademischer Zwischengrade ermöglicht werden; wieweit in den einzelnen Studiengruppen dann davon Gebrauch gemacht wird, bleibt abzuwarten.

Im Sinne einer richtig verstandenen Lernfreiheit liegen die Beschlüsse, wonach jeder Student, der die Voraussetzungen erbringt, auch tatsächlich an der Hochschule aufgenommen werden muß. Die Studenten müssen auch das Recht der Wahl von Lehrveranstaltungen innerhalb der notwendigen Grenzen, das Recht auf Prüfung über eine inskribierte Vorlesung sowie die freie Wahl des Vortragenden haben. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß die Lernfreiheit erstmals gesetzlich definiert wird.

Zu den wichtigsten Problemen der Hochschulreform gehört die Lösung des Problems der ständig länger werdenden Studienzeiten: Aus den Empfehlungen des Rates für Hochschulfragen ist klar zu ersehen, daß man sich mit dieser Materie eingehend beschäftigt hat. Man kann bei der rapiden Entwicklung der Wissenschaften nur Erfolg haben, wenn man sich dazu bekennt, daß die Universität nicht eine fertige Berufsausbildung vermittelt, sondern die Aufgabe hat, eine Berufsausbildung zu ermöglichen. Den Absolventen muß es möglich sein, sich rasch in ihrem Beruf beziehungsweise in ein Spezialgebiet einzuarbeiten. Hätte man eine andere Konzeption von der Hochschule unserer Zeit, könnte man wohl nicht genügend Speziallehrgänge für alle möglichen Sachgebiete, die in letzter Zeit entstanden sind, einführen, um den Bedarf einigermaßen zu befriedigen. Ganz abgesehen davon, daß die Hochschulen nur noch in der Lage wären, bessere Fachschüler, die zwar ihr Gebiet beherrschen aber keinen Überblick über ein größeres Gebiet besitzen, heranzubilden. Wenn man heute in den USA wieder darangeht, die allgemeinen Fächer zu betonen und von der Spezialistenausbildung abgehen will, gibt dies zu denken. Der Rat für Hochschulfragen scheint jedenfalls mit seinen Empfehlungen den zeitgemäßen Weg eingeschlagen zu haben.

Mit der Verlagerung der Berufsspezialisierung in den Bereich des Betriebes allein kann das Problem der Studienzeitverkürzung nicht bewältigt werden. Bereits bekannt ist die Bestimmung des Entwurfes für ein Hochschulstudiengesetz, wonach der Lehrkörper dafür zu sorgen hat, daß die Studierenden auch tatsächlich innerhalb der festgelegten Studienzeit ihre Studien abschließen können. Bisher sollten nur die Lehrveranstaltungen dieser Forderung gemäß eingerichtet werden. Jetzt wurde auch verlangt, daß der Lehrstoff entsprechend zu begrenzen ist.

Sehr ausführlich beschäftigte sich der Kreis von Fachleuten mit dem Prüfungsproblem. Nachdem die Forderung aufgestellt wurde, es sollen in Hinkunft nur noch diejenigen Personen als Prüfer bestellt werden, die auch tatsächlich als akademische Lehrer tätig sind, sieht man anscheinend in der bisherigen Praxis mancher Fakultäten und Hochschulen, Praktiker oder Lehrkräfte anderer Hochschulen als Prüfer zu berufen, einen Übelstand. Der Student soll Gelegenheit haben, seinen Prüfer tatsächlich vorher dn der Vorlesung oder Übung zu hören und dadurch die Chance erhalten, sich auf den Prüfer einzustellen. Damit hörte der Zustand an manchen Fakultäten auf, daß der Student seinen Prüfer bei der Prüfung zum erstenmal zu Gesicht bekommt. Vielleicht trägt eine solche Bestimmung tatsächlich auch zu einer Vermehrung der Anzahl der Lehrveranstaltungen bei. Eine fünf-gliedrige Notenskala, einheitlich für alle österreichischen Hochschulen, wird auch die Anwendung des Stu-dienbeihilfengesetzes, welches bereits auf einer solchen Skala aufbaut, erleichtern helfen.

Der Rat für Hochschulfragen, der zwar mehrheitlich aus Hochschulprofessoren zusammengesetzt ist, in dem aber die Studentenvertreter auf Grund ihrer sorgfältigen Vorbereitung auf die Beratungen ein gewichtiges Wort mitzureden haben (das erste Buch zur Hochschulreform in Österreich wurde von Diplomingenieur Manfred Leeb und cand. med. Werner Vogt verfaßt — Verlag A. Schendl, Wien — und stellt auch die Grundlage für die Beschlüsse der Hochschülerschaft am Vierten österreichischen Studententag dar), hat die Materie eines Allgemeinen Hochschulstudiengesetzes bis in die letzten Details durchberaten. Die gewählte Form der Klausurtagung — die Sitzungen dauerten täglich bis tief in die Nacht — ermöglichte konzentrierte Arbeit in kürzester Zeit. Hinzu kam, daß die Teilnehmer des Rates für Hochschulfragen tatsächlich Fachleute auf dem Gebiet des Hochschulwesens waren und sich schon lange Gedanken über die bestmögliche Form der Studien an den wissenschaftlichen Hochschulen gemacht hatten. Die Tatsache, daß die Mitglieder des Rates nur sich selbst verantwortlich waren, selbst die teilnehmenden Beamten hatte der Minister von jeder Weisung entbunden, ersparte sachlich störende Rücksichtnahmen. Nachdem die erste Vollversammlung des Rates für Hochschulfragen ihre Empfehlungen zum allgemeinen Teil des Hochschul'-studiengesetzes abgegeben hat, wird ein Redigierungs- und ein Arbeitsausschuß die legistischen Formulierungen finden und die Beschlußfassung auf der für den 29. März neuerlich nach Raach einberufenen Tagung vorbereiten. Für den Rat für Hochschulfragen wird ein eigenes Sekretariat zunächst am philosophischen Institut der Universität Wien eingerichtet werden, welches die laufenden Geschäfte, wie die Protokollierung, Einberufung der Unterausschußsitzungen und Vorbereitung der Tagungen, übernehmen soll. Auch für die spätere Beratung einer Änderung des Studienbeihilfengesetzes wurde schon jetzt ein Unterausschuß bestimmt. Alle endgültigen Entscheidungen werden aber im Plenum gefaßt werden.

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