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Wie produziert man Manager?

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Die Aufregungen um die französische Herausforderung, die als amerikanische getarnt worden war, hat sich wieder gelegt; J. J. S. S. hat sich nach Revolutionierung der europäischen Wirtschaft der Politik im allgemeinen zugewandt. Der Schock, den die Erkenntnis des „technological gap“ auslöste und der sich als „managerial“ entpuppte, ist überwunden. Geblieben ist — und das ist das Zeichen der bleibenden Bedeutung Servan-Schreibers Welterfolges — auch ein deutlich merkbar gestiegenes Ausbildungsbewußtsein in Vorständen und Geschäftsführungen österreichischer Unternehmen. Vor allem für alles das, was, sei es zunächst auch nur in der Uberschrift, mit Managementausbildung zusammenhängt.

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Die Aufregungen um die französische Herausforderung, die als amerikanische getarnt worden war, hat sich wieder gelegt; J. J. S. S. hat sich nach Revolutionierung der europäischen Wirtschaft der Politik im allgemeinen zugewandt. Der Schock, den die Erkenntnis des „technological gap“ auslöste und der sich als „managerial“ entpuppte, ist überwunden. Geblieben ist — und das ist das Zeichen der bleibenden Bedeutung Servan-Schreibers Welterfolges — auch ein deutlich merkbar gestiegenes Ausbildungsbewußtsein in Vorständen und Geschäftsführungen österreichischer Unternehmen. Vor allem für alles das, was, sei es zunächst auch nur in der Uberschrift, mit Managementausbildung zusammenhängt.

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In der ersten Phase des Wiederaufbaus nach dem zweiten Weltkrieg strömten mit den Mitteln des Marshallplanes auch kräftige Impulse moderner Wirtschaftsführung nach Österreich. Die Kooperation zwischen den Ländern, denen geholfen werden sollte, stellte eine der Bedingungen für die finanziellen Zuwendungen dar. Ein neues Produktivitätsbewußtsein sollte den wirtschaftlichen Wiederaufbau und Neuaufschwung vorantreiben. Schon in diese Zeit fallen die ersten Veranstaltungen des österreichischen Produktivitätszentrums, die österreichische Unternehmer, gleichgültig ob Eigentümer oder nicht, zu Managern modemer Ausrichtung machen sollten. Die „zuständigen“ Interessenvertretungen (Vereinigung österreichischer Industrieller und die Kammern der gewerblichen Wirtschaft) stießen nach. Auch die Hochschule für Welthandel, bis zur Linzer Gründung Wirtschaftswissenschaftlicher Monopolist, vor allem was einzelwirtschaftliche Ausbildung auf Hochschulniveau Detraf, vollzog in den Jahren nach 1950 den endgültigen Übergang von der Exportakademie zu einer Hochschule für Wirtschaftswissenschaften.

Nach zehn Jahren des getrennten Marschierens, sollte in den sechziger Jahren Koordination und systematischer Aufbau eines für Österreich noch effektiveren Systems der Managementausbildung geschaffen werden. Man bediente sich dazu eines neutralen Experten, Alexander E. Bogardy, der 1960 im Auftrag und für das österreichische Produktivitätszentrum einen Bericht über die Lage der Managementausbildung in Österreich verfertigte. Bogard ließ an den österreichischen Initiativen so manch gutes Haar, fand aber, daß in Österreich vor allem die Zusammenarbeit und das System fehle. Seiner Kritik folgten die Vorschläge,

• einen „österreichischen Rat für Managemententwicklung“ zu gründen und

• ein dem US-amerikanischen Vorbild einer Business School nachempfundenes Managementseminar an der Hochschule für Welthandel einzuführen.

Die Professoren der Hochschule am Währingerpark freuten sich über eine weitere Aufwertung ihrer Institution, verfaßten Pläne und Vorlesungsübersichten und reichten entsprechende Vorschläge bei der Unterrichtsverwaltung ein. Die Zeit war zumindest für die öffentlichen Stellen offensichtlich noch nicht reif: der Bogardy-Bericht und der Professorenvorschlag wurden abgelegt, dieser im Unterrichtsministerium, jener im Bundeskanzleramt. Der internationale Konkurrenzdruck auf Österreichs Unternehmen wurde durch solch öffentliche Nichtbehand-lung freilich nicht geringer. Im Gegenteil: der Bedarf an Ausbildung in den Methoden modernen Managements wurde immer größer. Ausländische Managementausbildungsinstitutionen warben um den zahlungskräftigen Nachwuchsmanager auch in Österreich, und die Ausbildungseinrichtungen in Österreich weiteten ihr Angebot immer weiter aus. Schließlich mußten sie sogar die Werbung für ihre Veranstaltungen weitgehend einschränken, da der Bedarf an Managementausbildung die Kapazitäten, die durch die Knappheit an qualifizierten Vortragenden nicht beliebig erweiterbar sind, weit überstieg. Während sich eine große Zahl von in- und ausländischen, kommerziellen und nichtkommerziellen Institutionen im wesentlichen mit Einzelveranstaltungen an die ausbildungshungrigen Nachwuchsführungskräfte wandten, boten und bieten die folgenden österreichischen Ausbildungsstätten Managementausbildung von hoher Qualität!

• Institut für moderne Industrieführung der Vereinigung österreichischer Industrieller (Gösing).

• Institut für moderne Unternehmensführung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft Wien (Schloß Hernstein).

• österreichisches Produktivitätszentrum.

Trotz der für den Kenner der österreichischen Wirtschaft keineswegs überraschenden feinen Unterscheidung in „Industrieführungs“- und „Unternehmensführung“-Ausbildung bieten alle Unternehmen gute Managementgrundausbildungskurse und addieren ihre Ausbildungskapazitäten auf 500 bis 600 Ausbildungsplätze pro Jahr.

Wußte man bis vor kurzem allerdings nicht einmal, wie viele Nachwuchsführungskräfte in Österreich pro Jahr ausgebildet werden können, so weiß man auch heute noch nicht genau, ob die Kapazität der österreichischen Institute ausreichend ist oder ob der Bedarf dem Angebot auch in den kommenden Jahren davonlaufen wird. Die mangelnde Kenntnis über die Manager der Zukunft und das was sie lernen können und sollen, wurde anläßlich der 2. Koordinierungskampagne offenkundig. Nach einem zweiten zehnjährigen Abstand begann 1969 eine äußerst intensive Welle der Beschäftigung mit einem Managemententwicklungssystem für Österreich:

• im Juni 1969 wurde durch das Institut für Bildungs- und Beratungsforschung ein Arbeitskreis für Managementausbildung eingerichtet, dessen Vorsitz der Präsident des Aufsichtsrates der ELIN und ÖIG-Aufsichtsrat, Dr. Igler, übernahm,

• im Herbst 1969 wurde eine Arbeitsgruppe „Management“ als Untergruppe des Ausschusses für Industriepolitik des Beirates für Wirtschafts- und Sozialfragen gebildet,

• im Oktober 1969 nahm eine Arbeitsgruppe „Managementausbildung“ der Aktion 20 der Österreichischen Volkspartei ihre Arbeit auf, und schließlich wurde ein Institut der ÖIG (ÖIAG) für Managemententwicklungsfragen eingerichtet und mit beachtlichen Mitteln ausgestattet

Während durch den Arbeitskreis des Instituts für Bildungs- und Beratungsforschung eine Studie über den Stand der Managementausbildung im Detail angefertigt wurde und o. Prof. Dr. Ernest Kulhavy von der Linzer Hochschule zur Jahreswende 1969/70 dem damaligen Unterrichtsminister Mock ein Managemententwicklungsmemorandum vorlegte, entwickelte der Direktor des FORD-Institutes, Prof. Dr. Bruckmann, den Plan einer Verwaltungsakademie, um auch den Ministerialbeamten die Chance zu geben, sich mit den modernsten Managementmethoden vertraut zu machen.

Managementausbildung genügt

Die Aktivitäten der übrigen Hochschulen bleiben zunächst zersplittert: teils plant man Fortbildungskurse für Absolventen mit dem Fernziel eines Post-experience-.Hochschullehrganges, teils arbeitet man an bestehenden Projekten beziehungsweise Institutionen mit, teils beschränkt man sich bewußt auf die Rolle des Vermittlers von wirtschaftswissenschaftlicher Grund-und Sachbereichsausbildung auf Undergraduate-Level (bis zur 1. Diplomprüfung) oder auf Graduate-Level (bis zum Diplom oder zum Magister). Das Interesse an der Managementausbildung und vor allem auch deren Koordinierung ist jedenfalls merkbar gestiegen. Nicht weniger als vier Ministerien befassen sich bereits mit Managementausbildung oder beanspruchen Kompetenzen bei der Heranbildung von Österreichs künftigen Managern:

• das Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie, weil es Managemententwicklung als Förderungsmaßnahme für die Wirtschaft ansieht,

• das Unterrichtsministerium für alle schulischen Aktivitäten,

• das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung für die Angelegenheiten der Hochschulen

• und schließlich auch das Bundesministerium für Bauten und Technik, das eine gewisse Eigenständigkeit des Managements der Technik entdeckt haben will.

In Alpbach werden alle Stellen, Institutionen, Einzelpersonen usw. Gelegenheit haben, im Management-Development-Symposion des Europäischen Forums Alpbach 1970 vom 30. August bis 5. September zusammen- und wohl auch aufeinanderzutreffen. Denn ob das Ziel dieser Veranstaltung, nämlich Grundzüge für ein gesamtösterreichisches Managementausbildungskonzept zu entwerfen, gar so sinnvoll und zielführend sei, ist — zumindest inoffiziell — nicht ganz unbestritten. Schließlich müßte ja dann auch die heikle Frage entschieden werden, wer denn wen koordinieren und systematisieren soll. Und, so meinen manche, schließlich wurde in den vergangenen Jahren auch und durchaus erfolgreich Managementausbildung betrieben — ohne jedes Managemententwicklungskonzept.

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