Zehn muslimische Fragen an die Parteien

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Wie hältst du' s mit den Muslimen? - Zehn Fragen dazu hat die Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen (IMÖ) an sechs kandidierende Parteien gerichtete. Tarafa Baghajati, Obmann der IMÖ, referierte am Montag in Wien die Statements der Spitzenkandidaten zur Nationalratswahl zum Thema Islam. Geantwortet haben die SPÖ, Die Grünen, NEOS und die FPÖ. Eine Antwort der ÖVP und der Liste Pilz blieb bisher aus.

Auf die erste Frage, nämlich ob der Islam zu Österreich gehöre, antworteten SPÖ, Grüne und NEOS mit Ja, die FPÖ sagte Nein und ging noch einen Schritt weiter: "Weder historisch oder kulturell, noch in irgendeiner Weise ist der Islam Teil Europas." Baghajati sieht dieses Statement als "befremdend, aber nicht überraschend". Als "Ausblendung historischer Gegebenheiten in Europa" bezeichnete dies Politikwissenschaftlerin Astrid Mattes, die bei der Wiener Pressekonferenz die Antworten analysierte.

Muslimisches Wählerpotenzial

"Ganz klar positive Werte des Islam, wie wissenschaftliche Errungenschaften, wurden nur von Matthias Strolz von den NEOS angesprochen", so Baghajati. Die SPÖ betonte, allen Religionen respektvoll gegenüberzustehen, genauso die FPÖ -allerdings mit dem Hinweis, dass "Fehlentwicklungen rund um den Islam in Österreich thematisiert werden müssen". Die Grünen umgingen die Frage und betonten: "JedeR Grüne würde wohl anders antworten", denn es sei eine Frage der persönlichen Assoziation.

Bei der Frage nach dem Wählerpotenzial der rund 700.000 Muslime in Österreich betonten SPÖ, Grüne und NEOS, Bürgerinnen und Bürger unabhängig von ihrer religiösen Zugehörigkeit gleich zu behandeln. Die FPÖ unterstrich, dass Österreich ein neues Islamgesetz brauche, da das alte ein "Placebo-Gesetz" sei.

Zur Frage, ob Religionsunterricht abgeschafft werden solle und zum Verhältnis von Religion und Staat hatten sich die Parteien unisono für die Beibehaltung des Religionsunterrichts ausgesprochen. Ethikunterricht wird lediglich als Erweiterung des bestehenden Angebots verstanden. Laut SPÖ besteht ein "partnerschaftliches Verhältnis zu den Religionen", die Grünen sprachen sich klar für einen zusätzlichen Ethikunterricht und gegen die Finanzierung des Religionsunterrichts "aus Staaten wie Katar oder Saudi-Arabien" aus.

Gemeinsame Werte

NEOS hoben die Wichtigkeit des gemeinsamen Wertekanons für den Erhalt der Demokratie hervor und sprachen sich für einen verpflichtenden zusätzlichen Ethikunterricht aus. Die FPÖ pocht auf stärkere Kontrollen im Religionsunterricht und darauf, dass stets auf Deutsch unterrichtet werden müsse.

Bei der Frage nach den gemeinsamen Werten von Islam und Christentum sieht die SPÖ unter anderem soziale Gerechtigkeit und Würde des Menschen als gemeinsamen Wert, Grüne "das Ansinnen, dass Menschen an Selbstkenntnis, Selbstverbesserung und an einem gedeihlichen Zusammenleben arbeiten sollten", NEOS Mitgefühl, Offenheit und Respekt, und FPÖ Werte wie Anstand und Charakter.

Frage sechs thematisiert das Islamgesetz von 2015. Darin werde "ein Rahmen für die Institutionalisierung und Professionalisierung der islamischen Seelsorge in Krankenanstalten und Gefängnissen geschaffen". Die Frage zielt auf die staatliche Finanzierung islamischer Seelsorge ab. Die SPÖ, NEOS und FPÖ sprachen sich dagegen aus. Für die Grünen ist eine "finanzielle Unterstützung des Staates im Gefängnis-Seelsorgebereich vorstellbar" - sofern die "Auswahl der Seelsorger vom Staat wahrgenommen wird".

Zum Islamgesetz äußerte Baghajati, dass es die islamische Community für "unglaublich diskriminierend" halte: "Warum dürfen wir keine Spenden aus dem Ausland annehmen, wenn es nicht um politische Aktivität geht?" Für Religionsrechtler Richard Potz, der gleichfalls an der Pressekonferenz teilnahm, fördere das Gesetz "eher eine Spaltung innerhalb der islamischen Glaubensgemeinschaft". Die Ansicht Baghajatis teilte nur NEOS eindeutig. SPÖ und Grüne sehen das Islamgesetz per se nicht als diskriminierend, gleichfalls die FPÖ, da ja "bei anderen Religionen eine weitaus kleinere Einflussnahme aus anderen Nationen" bestehe.

Bei der Frage zum Zusammenhang zwischen Islam und Sicherheitspolitik sieht nur NEOS Sicherheitspolitik losgelöst von diversen Religionen. SPÖ und Grüne sind für die Bekämpfung von Radikalisierung. FPÖ sehen den politischen Islam als Nährboden für Terrorismus.

Warum dürfen wir keine Spenden aus dem Ausland annehmen, wenn es nicht um politische Aktivität geht? (Tarafa Baghajati kritisiert das Islamgesetz)

Integration versus Assimilation

Bei der Kopftuchfrage sprechen sich NEOS und SPÖ gegen Kopftücher im Gerichtssaal aus. Die Grünen fordern anonymisierte Bewerbungsverfahren im öffentlichen Dienst. Die FPÖ sieht das Tragen von Kopftüchern "ausschließlich als politische Agitation", und nicht als Ausdruck religiöser Überzeugung.

Auf die letzte Frage, inwiefern in Österreich Assimilation statt Integration gefordert werde, antworteten SPÖ, NEOS und Grüne mit einem klaren Bekenntnis zum pluralistischen Staat. Die FPÖ weist auf mangelnde Integration hin, diese sei eine "Bringschuld der Zuwanderer".

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