Ziele erreichen durch Bildung

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WIFI Österreich-Institutsleiter Michael landertshammer im Gespräch über die Trends in der beruflichen Weiterbildung, den Facharbeitermangel und die Zukunft des österreichischen Bildungssystems.

Welche Trends gibt es in der beruflichen Weiterbildung?

Michael Landertshammer: Es werden zunehmend Zeugnisse und Zertifikate nachgefragt, die einen internationalen Stellenwert haben. Das können wir bieten, da wir u.a. in den Bereichen Buchhaltung und Sprachen in internationalen Vereinigungen vertreten sind. Und durch unser WIFI-Netzwerk in Österreich wie auch in den zentral- und osteuropäischen Ländern haben wir einen entscheidenden Marktvorteil. Das zweite große Thema ist die Individualisierung: Die Weiterbildungsangebote müssen optimal auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sein. Viele Menschen lassen sich zunächst intensiv beraten und machen bei uns eine Potenzialanalyse, um mehr über ihre Stärken und Potenziale herauszufinden.

Erreicht man mit einem WIFI-Kurs die sich selbst gesteckten Ziele?

Landertshammer: Wir wissen aus einer Umfrage, dass 100 Prozent jener, die gesagt haben, sie besuchen einen WIFI-Kurs, um ihr Beschäftigungsverhältnis abzusichern, dies auch erreicht haben. Zwei Drittel der Kursteilnehmer haben interessantere berufliche Tätigkeiten erhalten und 47 Prozent haben einen Karrieresprung gemacht.

Und wie bewährt sich das Wissen in der Praxis?

Landertshammer: 86 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass sie ihre neuen Kenntnisse direkt im Beruf umsetzen konnten, und 40 Prozent bekamen nach einem Kurs ein höheres Gehalt.

Was kann das WIFI gegen den Facharbeitermangel tun?

Landertshammer: Weiterbildungsmöglichkeiten in allen Bereichen und in allen Regionen anbieten. Wir haben 80 Outlets in Österreich, wir sind immer in der Nähe der Betriebe und reagieren schnell auf Trends. Die Zahl des Angebots an Fachkräften können wir aber nicht erhöhen, das kann nur über die Einwanderungspolitik geschehen, und die ist ja in Österreich nicht gerade erfolgreich. Weiter muss man ältere Arbeitnehmer wieder in den Arbeitsprozess integrieren. Hierbei überlegen wir, wie Lernen für diese Zielgruppe aussehen muss. Von der Politik fordern wir ein Bildungskonto, das vom Staat zu mindestens 30 Prozent gefördert wird, um damit die eigenen Bildungsausgaben decken zu können. Auch der Bildungsfreibetrag soll auf 40 Prozent verdoppelt werden, wenn sich ein Betrieb um die Weiterbildung älterer Arbeitnehmer, Frauen und behinderter Mitarbeiter kümmert.

Ist es auch eine Aufgabe des WIFI, Berufsorientierung in den Schulen anzubieten?

Landertshammer: Wir haben zur Zeit 20.000 Kunden im Bereich der Berufsorientierung, aber das ist eher die Zielgruppe der 15- bis 25-Jährigen, also jener, die etwas studiert oder einen Beruf erlernt haben, mit dem sie nicht zufrieden sind. Die sich verändern müssen, um erfolgreich glücklich und zufrieden zu werden. In den Schulen selber gibt es schon Ansätze, aber ein Lehrer, der nie "draußen war", kann nie so professionell Berufsorientierung anbieten wie jemand, der das gelernt hat. Und der auch den Bezug zur Wirtschaft und zu den Märkten hat. Wir haben daher vor einigen Jahren begonnen, so genannte "Bildungscluster" zu unterstützen. Das heißt, dass in einer Region Schulen, Sozialpartner und Betriebe zusammenarbeiten, um den Austausch zwischen Schulen und Wirtschaft zu unterstützen, damit Schulen nicht Ausbildungen anbieten, die am Markt nicht gefragt sind.

Was halten Sie von der Diskussion, dass in Österreich die Kinder zu früh in Hauptschule und Gymnasium aufgeteilt werden?

Landertshammer: Es ist sicherlich zu früh. Leider ist die Diskussion falsch gelaufen, denn durch das Wort Gesamtschule sind sofort ideologische Gräben aufgerissen worden. Es muss zunächst ein größeres Ganztagesangebot geben, Lernen muss individueller gestaltet werden, und wir brauchen ein verpflichtendes Vorschuljahr. Kurz, das System muss sich an die Bedürfnisse der Kinder anpassen und nicht umgekehrt. Man versucht in Österreich seit Jahrzehnten, die Kinder an das System anzupassen, und das zerstört viele Potenziale.

Und Potenziale sind gefragt, wenn künftig in Österreich kaum noch produziert wird …

Landertshammer: Auch wenn wir in einer Wissensgesellschaft leben, wird weiterhin produziert werden, wie in den Bereichen der Autozulieferer, der Maschinenindustrie und der Umwelttechnik. Hier haben wir ja eine Reihe von Weltmarktführern. Aber es muss immer eine Komponente der Innovation und der langfristigen Wertschöpfung dabei sein. Das heißt auch, dass sich die Herausforderungen für Mitarbeiter und Betriebe verschärfen werden. Österreichs "natürlicher" Rohstoff ist im Endeffekt das Wissen der Menschen, und das muss optimal vermittelt und verteilt werden. Und hierbei leistet die berufliche Weiterbildung einen essenziellen Beitrag.

Welcher Auftrag für die Zukunft erwächst aus der 60-jährigen Erfahrung des WIFI?

Landertshammer: Auch in Zukunft höchste Qualität zu bieten, das heißt, Praxisorientierung und Aktualität der Lehrinhalte haben oberste Priorität. Aber auch internationale Trends erkennen und international aufgestellt sein. Es gibt derzeit ein Schwergewicht auf der Erstausbildung, doch künftig wird das lebenslange Lernen immer wichtiger werden. Da leisten wir einen wertvollen Beitrag und treten weiterhin als Promotor für das Lernen auf.

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