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Zufrieden darf man nie sein

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FURCHE: „Herr Landeshauptmann, Salzburg war für sein gutes politisches Klima bekannt. Schon beim Wahlkampf um die Gemeinderatssitze vor zwei Jahren aber hat man von diesem „Salzburger Klima“ wenig gemerkt. Auf Landesebene soll es .klimatisch' zwar noch besser sein, aber es hat in den letzten Monaten einige Verschärfungen im politischen Leben Salzburgs gegeben. Glauben Sie, daß dieses gute Einverständnis in Salzburg noch vorherrscht?“ LECHNER: „Ein Klima, wie es in Salzburg besteht, ist natürlich nicht für jede Phase des politischen Lebens gesichert. Ich bin der festen Überzeugung, daß die hohe Bewertung des Sachlichen, die wir in Salzburg haben — auch wenn wir im anderen politischen Lager stehen —, uns auch weiterhin ein relativ günstiges politisches Klima sichert. Gerade die Zeit des Wahlkampfes bedeutet immer eine starke Belastung für das Verhältnis der Parteien zueinander. Es ist klar, daß in der Vorwahlzeit mehr auf die Differenzen der Parteien hingewiesen werden muß. Aber während der übrigen Zeit muß dann die Zusammenarbeit im Vordergrund stehen. In Salzburg hat ja keine Partei die absolute Mehrheit: die ÖVP ist etwa um 10 Prozent stärker als die SPÖ, es ist also auch die ÖVP zumindest auf die Unterstützung einer anderen Partei angewiesen.“

FURCHE: „Gewisse harte Momente werden also durch den Wahlkampf auch in Salzburg eintreten. Bezieht sich das darauf, in den Wahlkampf auch Bundes-angelegenheiten hereinzuziehen? Fürchten Sie, daß auch die Salzburger Landtagswahlen als Testwahlen für den Bundestrend angesehen werden müssen?“ LECHNER: „Wir sind der Meinung, daß eine völlige Trennung von Landes- und Bundespolitik möglich ist, weil ja auch die Stellung des Landeshauptmannes irgendwie mit der Bundespolitik verbunden ist — dies ist ja auch verfassungsmäßig festgelegt. Es wird daher eine gewisse Beeinflussung von der Bundesseite her, vom Bundestrend her auch in diesem Landtagswahlkampf erfolgen. Wir haben uns in der ÖVP bei der Wahlwerbung darauf eingestellt, wir weichen keiner Frage der Bundespolitik in diesem Wahlkampf aus und sind überzeugt, daß bei einer einigermaßen sachlichen Beurteilung der Bundesangelegenheiten dies keineswegs negative Konsequenzen für die ÖVP haben müssen.“

FURCHE: „In Wien hört man in ÖVP-nahestehenden Kreisen, daß die Salzburger Landesparteileitung intern beschlossen habe, möglichst. von der ÖVP-Bundes-politik abzurücken. Aus Ihren Worten, Herr Landeshauptmann, ist aber zu entnehmen, daß Sie sehr wohl bereit sind, bundespolitische Fragen im Wahlkampf zu berücksichtigen.“ LECHNER: „Ganz richtig, wir werden der Bundespolitik in keiner Weise ausweichen. Wir werden sie überall dort verteidigen, wo sie wirklich gut war, und sie war im wesentlichen gut. Umgekehrt wollen wir nicht eine spektakuläre Unterstützung vom Bund her in diesen Wahlkampf bringen, sondern wir wollen vor Augen führen, daß die Entscheidung für den Salzburger Landtag und für die Salzburger Landesregierung zu erfolgen hat.“ FURCHE: „Sie sprechen davon, daß Sie mit dem Großteil der Bundespolitik zufrieden sind ...“ LECHNER: „... zufrieden darf man nie sein!“

FURCHE:.....welche Fragen aus der Bundespolitik könnten sich auf den Landtagswahlkampf negativ auswirken?“ LECHNER: „Hier kann ich nur sagen, daß der Trend gegen die ÖVP meiner Meinung nach nicht aus den sachlichen Dingen entstanden ist, sondern aus psychologischen Fehlern, die gemacht wurden...“

FURCHE: „...zum Beispiel die Steuererhöhungen...“ LECHNER: „Nein, die möchte ich nicht dazuzählen. Wenn sich das Volk als Gesamtheit dazu bekennt, daß es gewisse Mehraufwendungen haben will und haben muß, so sind diese Mehraufwendungen zu decken, und zwar durch ein Opfer des Volkes, indem ein Teil_ der Mehrerträgnisse, die- unsere steigende Wirtschaft bringt, für Gemeinschaftszwecke zur Verfügung gestellt werden. Ich denke hier an eine Altersversorgung, an dos Bildungs- und Schulwesen, diese Sektoren haben den Bund auch in die angespannte finanzielle Situation gebracht. Psychologisch meine ich vielmehr irgendwelche vergangene, Gott sei Dank liquidierte parteiinterne Dinge, Hofübergabe und anderes und ähnliche Unent-schlossenheiten in personellen Dingen, die nur aus dem differenzierten Parteigefüge verständlich sind. Oder daß das Regierungsteam nicht immer so geschlossen nach außen agiert hat. All diese Dinge waren für den Tiefstand — der, wie ich glaube — auf Bundesebene überwunden ist, maßgebender als die eine oder andere sachliche Frage, auch wenn Opfer verlangt wurden. Ein anderer Teil der Bevölkerung bekommt ja diese Opfer wieder ausbezahlt.“ FURCHE: „Werden Sie aus Wien durch Regierungspolitiker, die hier das Wort ergreifen werden, Wahlunterstützung erhalten?“ LECHNER: „Das werden wir. Bundeskanzler Dr. Klaus, der ja mein Amtsvorgänger war, wird nach Salzburg kommen. Wer sonst noch von den Bundesregierungsmitgliedern sprechen wird, kann ich im Moment nicht sagen. Sicher ist, daß der Finanzminister kommen wtrdv ferner der Außenminister, der bei uns große Sympathien genießt und für den sich vor allem die Jugend interessiert. Überhaupt ist das Interesse der jungen Generation an der Außenpolitik viel stärker als das der älteren Generationen.“ FURCHE: „Withalm haben Sie nicht genannt...“ LECHNER: „Es wird auch Wit-: halm kommen, auch Kotzina, um nur einige Namen zu sagen.“ FURCHE: „Glauben Sie, daß die ÖVP auch weitere fünf Jahre, nachdem sie nunmehr 23 Jahre den Landeshauptmann stellte, die stärkste Partei in Salzburg sein wird?“

LECHNER: „Das glaube ich eindeutig. Wir sind in Salzburg das erste Bundesland, das sowohl das aktive wie das passive Wahlalter herabsetzte. Das Wähler-gefüge hat sich stark verändert, so daß exakte Voraussagen schwierig geworden sind. Ich bin überzeugt, daß, wenn der Trend von der Bundespolitik her nicht negativ sein wird, und das ist anzunehmen, wir die stärkste Partei in Salzburg bleiben, werden.“

FURCHE: „Hat sich die ÖVP auch bei ihrer Kandidatenaufstellung sehr jugendfreundlich verhalten?“

LECHNER: „Ja, wir wollten das sehr jugendfreundlich dokumentieren. Aber natürlich müssen auch die Aspekte der Älteren gewahrt werden.“

FURCHE: „Auf der sehr ausführlichen und langen Kandidatenliste vermißt man einen prominenten Namen, nämlich den der Stadträtin Martha Weiser. Welche Rückschlüsse können aus dem Ausscheiden von Martha Weiser aus dem Salzburger Landtag gezogen werden?“

LECHNER: „Die Salzburger Landesparteileitung der ÖVP ist der Ansicht, daß Doppelfunktionen zwar für eine Übergangszeit oft aus der Situation heraus, um richtige Lösungen vorzubereiten, durchaus möglich sind, daß sie aber nie eine dauerhafte Einrichtung werden dürfen.“ FURCHE: „Kammeramtsdirektor Vizebürgermeister Haslauer soll als Vizebürgermeister noch heuer zurücktreten. Soll das heißen, daß Haslauer für höhere Positionen im Land vorgesehen ist?“ LECHNER: „Davon ist keine Rede. Auch hier haben wir Doktor Haslauer die Wahl freigestellt, wo er bleiben möchte. Er selbst hat erklärt, daß er keineswegs alle drei Funktionen, nämlich seinen Beruf als Kammeramtsdirektor, den Vizebürgermeister und den Landtagsabgeordneten beibehalten kann. Haslauer ist einer der Fähigsten in unserem Kreis, und wenn sich eine Situation ergibt, in der man einen besonders fähigen Mann braucht, wird er wieder gebeten werden, einzuspringen, wie und was, kann zur Zeit noch nicht überblickt werden.“

FURCHE: Herr Landeshauptmann, man hat wiederholt gehört, Sie würden keine weitere Legislaturperiode mehr auf sich nehmen. Nun sind Sie wieder Spitzenkandidat der ÖVP für den Salzburger Landtagswahlkampf. Soll das heißen, daß Sie noch die gesamte Legislaturperiode Landeshauptmann bleiben werden?“

LECHNER: „Ich bin 56 Jahre alt und glaube, daß ich dieser Aufgabe für diese Legislaturperiode gewachsen bin.“

FURCHE: „Wiederholt wurde bereits in der Öffentlichkeit diskutiert, ob Sie auch Landeshauptmann sein werden, wenn die ÖVP nicht die stimmenstärkste Partei wäre.“

LECHNER: „Ich persönlich identifiziere mich naturgemäß im. positiven wie im negativen Sinn in erster Linie mit den Leistungen der ÖVP im Lande Salzburg. Daher ist für mich die Konsequenz des Ausgangs der Wahl persönlich gesehen vollkommen klar: Ich würde als Kandidat für den Landeshauptmann daher ausscheiden, wenn die ÖVP nicht die stimmenstärkste Partei wäre. Meiner Partei würde es selbstverständlich vorbehalten bleiben, auch in diesem Fall jene Schritte nach der Wahl zu tun, die ihr richtig erscheinen.“

FURCHE: „Sie würden also kein Salzburger Gleißner werden, der durch eine Koalition mit der FPÖ einen Laindeshautpmahnposten retten mußte?“

LECHNER: „Die Situation bei Gleißner war völlig anders. Damals war der Bundestrend vorübergehend am Tiefpunkt. Ich möchte daher diesen Schritt Gleißners nicht negativ beurteilen, ich würde ihn aber jetzt nicht tun.“

* Mit DDr. Lechner sprach Georg Manhardt.

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