… mit Fusel bedacht.
Wenn man mit Ende 20 von einem einzigen Bier beschwipst ist, weiß man, dass irgendetwas schief gelaufen ist. Eine Pandemie zum Beispiel, die in meinem Fall den Alkoholkonsum drastisch reduziert hat. Ich bin ausgesprochene Gruppentrinkerin und war daher im letzten Jahr Großteils abstinent. Gut für die Gesundheit – schlecht für das Durchhaltevermögen. Noch bevor das erste Achterl geleert ist, fühle ich nun, wie meine Wangen wohlig warm und rosa werden. Nicht nur das: Alkoholkonsum scheint in meinem Körper neuerdings ein Signal für dringend benötigte Schlafenszeit zu sein. Die heitere Phase zwischen „Oh, ich spür schon was“ und „Puh, ich geh lieber ins Bett“ existiert nicht mehr.
Muss ich nun von neuem beginnen? Mich, wie damals mit fünfzehn, im Keller des Elternhauses meiner besten Freundin nach und nach an verschiedensten Spirituosen versuchen? Sportvereins- und Feuerwehrfeste aufsuchen und fragwürdige Mixgetränke für 2,50 Euro kippen? Mit Wodka-Shots anstatt bunter Kegel Mensch ärgere dich nicht spielen? Nach und nach mehr Clubs in der Stadt besuchen und Erinnerungslücken entlang des Wiener Gürtels sammeln? Klingt anstrengend.
Wehe mir kommt jetzt jemand mit dem Spruch „Das ist das Alter!“. Nein. Das war so nicht abgemacht. So erschöpft ich aktuell nach jedem persönlichen Zusammenkommen bin, so wenig Fusel ich aktuell vertrage, so gierig bin ich nach ausgelassenem Feiern. Bestimmt lässt sich irgendwo im Langzeitgedächtnis die Party-Abteilung wieder aktivieren. Ich muss es nur erwachsen angehen: Statt Verlängertem nun eine Kaisermelange zum Frühstück trinken, das Risotto nicht mit einem Viertel Weiß sondern einem Dreiviertel ablöschen, den „Gute-Nacht“-Tee mit einem Schuss Rum verfeinern. Und dann träum ich mich in stickige Clubs und ranzige Bars und fühle mich am nächsten Tag so, als wäre ich tatsächlich dort gewesen. Kann ja nur gut gehen.
Ihre wöchentliche Portion Digital Dirndl
Aufgewachsen im Weinviertel, dann übersiedelt nach Wien, ist Margit Körbel mittendrin im Konflikt von gemütlicher Landidylle und rauschendem Stadtleben, Traditionen und deren Bruch, Millennials und Babyboomern. Wöchentlich schreibt Sie von Ihren Erlebnissen. Hier kostenlos abonnieren.
Aufgewachsen im Weinviertel, dann übersiedelt nach Wien, ist Margit Körbel mittendrin im Konflikt von gemütlicher Landidylle und rauschendem Stadtleben, Traditionen und deren Bruch, Millennials und Babyboomern. Wöchentlich schreibt Sie von Ihren Erlebnissen. Hier kostenlos abonnieren.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!