Warum Kochbox-Abos nicht für jedermann sind
Ich besitze nun ein Kochbox-Abo. Seit Kurzem trudelt bei uns zuhause alle paar Wochen ein Paket mit Lebensmitteln ein. Dazu gibt es Rezeptkarten, die zeigen, was man mit den Produkten anstellen soll. „Ravioli in Balsamico-Butter mit gerösteten Sonnenblumenkernen und Pflücksalat in Hanfsamendressing“ zum Beispiel. Klingt anstrengend, macht das Ende eines Arbeitstages aber einfacher.
Sich nicht überlegen zu müssen, was man kocht. Das Überlegte nicht einkaufen zu müssen. Die Hälfte vom Eingekauften nicht im Kühlschrank lagern zu müssen, bis es verschimmelt, weil man für das cremige Risotto nur zwei Löffel Frischkäse und keine ganze Packung benötigt hat. Stattdessen einfach der Sechs-Schritte-Anleitung folgen und aus den genau bemessenen Zutaten etwas Genießbares produzieren zu können. Entspannung pur.
Nicht zu kochen ist keine Option. Das hat uns die Gesellschaft ausreichend gelehrt. Ernährung ist Leistung und die muss erbracht werden. Gesund, frisch, vollwertig und abwechslungsreich muss sie sein. Zumindest eine Woche pro Monat kann ich mein Gewissen dank Kochbox nun dahingehend ruhig stellen (der zusätzliche Müll ist eine andere Baustelle ...).
„Das ist nur etwas für Wiener!“, wurde meine Begeisterung seitens des ländlichen Umfelds schnell abgewertet. Am Land scheint das Selbstkochen und Einkaufen eine mit Stolz zu erfüllende Aufgabe zu sein. Hier gibt es auch niemanden, der keine Freude daran hat, sich um 18 Uhr an einer vollen Supermarktkasse anzustellen (Wiener:innen finden das extrem anstrengend). Außerhalb der Großstadt genießt man es auch, sich den Kopf über neue Gerichte zu zerbrechen (Wiener:innen leiden an chronischem Kreativitätsmangel). Und natürlich ist man am Land auch so gut organisiert, dass der Kühlschrank immer gefüllt ist (Wiener:innen wissen oft gar nicht, wo ihr Kühlschrank ist).
Böse Zungen würden behaupten, dass Wien wieder einmal für die pauschale Verteufelung von allem, was der Fortführung einer jahrelangen Routine widerspricht, herhalten muss. Aber das wäre wohl zu kurz gegriffen.
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Aufgewachsen im Weinviertel, dann übersiedelt nach Wien, ist Margit Körbel mittendrin im Konflikt von gemütlicher Landidylle und rauschendem Stadtleben, Traditionen und deren Bruch, Millennials und Babyboomern. Wöchentlich schreibt Sie von Ihren Erlebnissen. Hier kostenlos abonnieren.
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