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Vorreiter für eine sanfte Chemie

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DIEFURCHE: Sie haben selbst Chemie studiert und lange in großen chemischen Betrieben gearbeitet Warum sind Sie so stark gegen die chemische Industrie eingestellt'

HansWener mackwitz: Jetie-fer man in eine Wissenschaft eintaucht, desto kritischer wird man. Die Chemie hat eine Entwicklung genommen, die unglaublich rücksichtslos ist. Eines Tages muß man sich dann entscheiden. Schlüsselerlebnisse waren bei mir die tragische Ereignisse in Seveso (Giftgas-Un-Bf|j fall, Anm.d. Red.), aber auch Un-HH fall, die ich selbst miterlebt habe und wobei auch Menschen gestorben sind. Da an den internen Strukturen nichts zu ändern war, bin ich weggegangen. Jetzt versuche ich, meine Kraft für die Entwicklung einer sanften Chemie zu verwenden.

dieFurche: Sie verdammen in ihrem

kürzlich erschienen Buch „Reiz-Wäsche" die konventionelle Kleiderherstellung. Wo kleiden Sie sich ein? mackwitz: Ich kaufe seit etwa einem drei Viertel Jahr meine Kleidung in Natur-Textilgeschäften. Im Zuge meiner Becherche habe ich begonnen, mich mit unbehandeltem Leinen einzukleiden. Ich habe ein bißchen gebraucht, diesen „edlen Knitter" schön zu finden. Jetzt fühle ich mich allerdings sehr wohl darin. Es ist ein ganz neues Lebensgefühl.

DIeFlrchE: Sie unterrichten ja auch an Universitäten und bewegen sich viel unter Geschäftsleuten Stört Sie da dieser Öko-Look nicht* mackwitz: Nein/Außerdem gibt es ja auch wunderschöne Geschäftskleidung. Wer Un-zerknautsches will, der hält dem Formaldehydharz die Stange. In 80 Prozent aller Fälle ist diese Substanz für knitterfreie Mockwitz Kf.inrath

Kleidung verantwortlich. Mit dem Formaldehydharz auf den Textilien will ich aber nichts zu tun haben. Es ist hautreizend, und es können sich Spuren von Formaldehyd abspalten.

diefurche: Bezahlen Sie im Durchschnitt mehrfür Ihre Bio-Kleidung? MACKWITZ: Das ist eine Milchmädchenrechnung. Natürlich kostet Bio-Kleidung um 20 bis 30 Prozent mehr. Ich glaube aber, daß der höhere Preis für Baumwolle, die nicht 40 mal gespritzt wurde, durchaus berechtigt ist. Wenn wir weiterhin nach der Billigramsch-Philosophie agieren, macht das die Welt kaputt.

diefurche: Wird Bio-Kleidung weiterhin ein Nischendasein fristen oder wird der Markt expandieren? Mackwitz: Diese Diskussion hatten wir auch bei den Lebensmitteln. Wir haben heute 25.000 Biobauern und die kann man nicht mehr wegdiskutieren. Der nächste Schritt ist die Kleidung, also unsere zweite Haut. Die Menschen wollen keine Kleidung, die krank macht. Das ist eine unaufhaltsame Bewegung.

führte Monika Kunit

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