Schrebergarten-Träume oder der grüne Treppenwitz

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Kolumnistin Brigitte Quint ist ein gebürtiges Landei. Als junge Erwachsene konnte es ihr nicht schnell genug gehen, Wald, Wiese und Weide gegen die Großstadt einzutauschen. Ausgerechnet sie sehnt sich jetzt nach einem Schrebergarten. Geht das mit rechten Dingen zu?

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Kolumnistin Brigitte Quint ist ein gebürtiges Landei. Als junge Erwachsene konnte es ihr nicht schnell genug gehen, Wald, Wiese und Weide gegen die Großstadt einzutauschen. Ausgerechnet sie sehnt sich jetzt nach einem Schrebergarten. Geht das mit rechten Dingen zu?

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Jedes Jahr um diese Zeit träume ich von einem Schrebergarten. Und diese Sehnsucht nach einem Fleckchen Grün macht mich so einzigartig wie eine Ameise in ihrem Millionenstaat. Das merke ich spätestens bei den Besichtigungen. Das Wort Fleckchen ist wörtlich zu nehmen. Die Makler verlangen Unsummen für Parzellen, auf denen man maximal zu viert nebeneinander auf einer Liege liegen könnte. Das Planschbecken fürs Kind müsste man dann irgendwie zwischenreinquetschen.

Während man da so läge, könnte man sich mit dem Nachbarn unterhalten, der genauso eng an einem läge, wie der eigene Mann – nur durch einen Zaun getrennt. Der gemeine Kleingärtner sieht allerdings so aus wie der „Mundl“. Die Eifersucht des Mannes würde sich deshalb in Grenzen halten. Bäume-Flüsterer Peter Wohlleben behauptet ja, die Suche nach der Natur ist die Flucht vor uns selbst. Ich empfinde meine Sehnsucht nach Grün eher als Treppenwitz meiner Lebensgeschichte.

Ich wuchs quasi im Wald auf. Zumindest am Rand. Ansonsten ist mein Elternhaus umringt von Feldern. Schon als Kind träumte ich davon, eines Tages in der Großstadt zu leben. Das Landleben schätzte sich so viel, wie der Einsiedler das überfüllte Bierzelt. Wäre ich geblieben, wo ich war, könnten sich jetzt alle meine Freunde auf eine Liege legen und es wäre dazwischen noch genug Platz für zig Babyelefanten. Das Paradoxe dabei ist: Wäre ich geblieben, wo ich war, gäbe es die meisten meiner Freunde, die ich jetzt auf die Felder legen würde, in meinem Leben gar nicht.

Auch meinen Mann nicht. Den hätte ich dort nie getroffen. Der ist ein Stadtmensch durch und durch. Wie ich. Und ein echter Stadtmensch träumt von einem Schrebergarten.

Lesen Sie auch die Quint-Essenz "Petra Pan im Glitzerwahn" oder "Holterdiepolter ersetzt".

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