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Udo und der liebe Gott

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T Tdo Jürgens, Österreichs prominenter Barde, kennt sei- nen lieben Gott. Er ist sich sicher, „der liebe Gott wäre heute längst aus seiner eigenen Kirche ausgetreten“. So können es derzeit an brandheißen News interessierte Leserinnen und Leser in einem heimischen Nachrichtenmagazin lesen.

Das Unvermutete — hier wird’s Ereignis: Udo Jürgens Memoiren. Doch was ein echter Fan ist, der will nicht nur Tratsch und Klatsch, Interna einer Karriere, Lust und Familienleid lesen, nein hier wird tiefer geschürft: Udo rechnet mit „Kirche, Glaube & Religion ab“.

Er wurde als Protestant „geboren“ — die Taufe „gehörte eben zum guten Ton auf dem Land“ — es hat ihm aber offensichtlich niemand je verraten, was es mit dem evangelischen Glauben auf sich hat.

Seine kirchlichen Erfahrungen machte er hauptsächlich als Jugendlicher im dörflichen Milieu und hat Freude an der „Bühne Kirche“. Mit 28 hat er die katholische Kirche durchschaut und tritt aus der Evangelischen Kirche aus. Ökumene ä la Udo?

Wenn Udo aus so einer Kirche austritt, dann weiß er sich geradezu eins mit dem lieben Gott. Daß es ihm die anderen nicht gleichtun, liegt nur daran, daß sie nicht gelernt haben, ihren Tod zu bewältigen. Altmodische Leute mögen Zehn Gebote haben, Udo hat zwölf Töne, die alles begleiten: „Geburt & Tod, Krieg & Frieden“.

Wer geglaubt haben sollte, die Kirchen seien vielen Menschen längst egal geworden, irrt. Für viele ist’s, scheint’s, immer noch ein Vergnügen, wenn sie einem „Kompetenten“ beim Anpinkeln einer Kirchenmauer zuschauen dürfen.

Was Herr Jürgens für die Kirche hält, hat allerdings mit der Realität so viel zu tun wie Herr Jürgens mit einem grölenden Straßenmusikanten.

Und eine Sehnsucht kommt auf nach jener fernen, schönen Zeit, wo es noch ein Beichtgeheimnis gegeben hat, um — wie man wohl inzwischen begriffen hat — „Nichtpriester“ vor beichtlüsternen Zeitgenossen zu schützen:

Outing oder Umweltverschmutzung durch exhibitionistisches Beichten.

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