Ukraine Seite an Seite mit EU - EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit der ukrainischen Führung beim symbolträchtigen EU-Gipfel in Kiew im Februar. - © IMAGO / ZUMAWire

Vlad Gheorghe: „Der Angreifer Russland muss für den Wiederaufbau bezahlen“

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Jeden Tag verwüstet Russlands Krieg die Ukraine mehr. Dabei sind die Kosten für den Wiederaufbau schon jetzt riesig. Die EU arbeite mit Hochdruck daran, dafür auch russisches Geld zu konfiszieren, erklärt der zuständige EU-Abgeordnete, Vlad Gheorghe, im Interview.

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Jeden Tag verwüstet Russlands Krieg die Ukraine mehr. Dabei sind die Kosten für den Wiederaufbau schon jetzt riesig. Die EU arbeite mit Hochdruck daran, dafür auch russisches Geld zu konfiszieren, erklärt der zuständige EU-Abgeordnete, Vlad Gheorghe, im Interview.

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Der rumänische Abgeordnete Vlad Gheorge ist Mitglied der liberalen Fraktion im Europaparlament . Dort ist er als Leiter einer Machbarkeitsstudie und Berichterstatter federführend an der Schaffung einer Gesetzgebung zur Verwendung russischer Vermögen im Ausland für die Finanzierung des Wiederaufbaus der Ukraine beteiligt.

DIE FURCHE: Kurz nach Beginn von Putins Angriffskrieg waren Sie auf EU-Ebene der erste, der Russland für die Kriegsschäden auch finanziell haftbar machen wollte. Was hat Sie veranlasst, diese damals noch undenkbare Forderung aufzustellen?

Vlad Gheorghe: Stimmt, vor einem Jahr klang meine Idee noch nach Science-Fiction. Doch für mich ist der Gedanke selbstverständlich, dass der Angreifer und nicht jemand anderer für das bezahlt, was er angerichtet hat. Die EU-Kommission und das Europäische Parlament haben sich sehr schnell meiner Idee angeschlossen, seither arbeiten wir mit Hochdruck an der Umsetzung.

DIE FURCHE: Mit welchen konkreten juristischen Ergebnissen?

Gheorghe: Eine wirkliche Errungenschaft ist, dass wir auf europäischer Ebene einen Gesetzestext für die Kriminalisierung der Umgehung von Sanktionen auf den Weg bringen konnten. Das ist ein sehr konkreter Fortschritt. Die EU-Staatsanwaltschaft bereitet sich bereits auf die Verfolgung dieser Fälle vor, um unverzüglich mit der Arbeit beginnen zu können, sobald das Europäische Parlament und der Europäische Rat diese Richtlinie über die Einziehung von Vermögenswerten und die Vermögensbeschlagnahme beschließen.

DIE FURCHE: Diese Richtlinie basiert auf den EU-Gesetzen gegen Organisierte Kriminalität. Warum wählen Sie diesen Weg für Maßnahmen gegen Russland?

Gheorghe: Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie wir mit eingefrorenen russischen Vermögenswerten im Ausland verfahren, aber über diesen Weg kommen wir fürs Erste am schnellsten voran. Denn wir haben bereits diesen gesetzlichen Rahmen. Ursprünglich wurde er für den Kampf gegen die Organisierte Kriminalität entwickelt, wir weiten seine Anwendung jetzt nur noch aus. Das hat den Vorteil, dass wir kein juristisches Neuland betreten müssen, wir wissen, wie es funktioniert – und wir haben mit der Europäischen Staatsanwaltschaft auch schon die dafür zuständige Behörde. Der nächste Schritt wird die Beschlagnahmung von russischen Vermögenswerten auf Grundlage von Aggressions-Verbrechen sein. Dafür brauchen wir aber mehr Zeit, denn dazu müssen wir erst ein neues legislatives System aufbauen. Aber wichtig ist: Immer mehr Länder, denken Sie an die jüngste Erklärung der G7 oder des Europäischen Rates, schließen sich der Koalition an, die russische Vermögen beschlagnahmen und für den Wiederaufbau der Ukraine verwenden will.

DIE FURCHE: Die schwedische Ratspräsidentschaft hat erstmals eine ständige Arbeitsgruppe dazu eingerichtet. Welche anderen EUStaaten treiben diese Initiative voran?

Gheorghe: Die baltischen Staaten bilden die Speerspitze, Länder wie Ungarn, aber auch Österreich – es tut mir leid, das sagen zu müssen – sind die Bremser. Ich weiß, dass es viele Verbindungen zwischen Österreichs Politik und Wirtschaft zu Russland gibt, aber eine derart böse Überraschung habe ich nicht erwartet. Ich habe da auch nicht so große Erwartungen an die Wirtschaft – die ist vom Profit getrieben – als an die Politik. Und die österreichischen Politiker haben dieses Mal Europa im Stich gelassen. Bereits hinter der Einreiseerlaubnis für sanktionierte russische Politiker zum OSZE-Treffen in Wien stand – nicht nur für mich – die deutliche Botschaft, wo Österreich steht.

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