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Brief #7: Weitergeben, was gut gedacht ist

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In der dialogischen FURCHE-Kolumne "Erklär mir deine Welt" kommen der Hörfunkpionier Hubert Gaisbauer und die Radiojournalistin Johanna Hirzberger ins Gespräch. Diesmal geht es darum, was Journalist(in) sein bedeutet.

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In der dialogischen FURCHE-Kolumne "Erklär mir deine Welt" kommen der Hörfunkpionier Hubert Gaisbauer und die Radiojournalistin Johanna Hirzberger ins Gespräch. Diesmal geht es darum, was Journalist(in) sein bedeutet.

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Liebe Frau Hirzberger!

Ich hoffe, dass Sie nicht mehr verschnupft sind und der Welt auch wieder ein paar lichte Aspekte abgewinnen können. Wir sind ja in der Osterwoche. Da möchte ich gerne eine Freude mit Ihnen teilen, die bei mir aufgekommen ist, als ich im TV die Geschichte von Ryyan Alshebl hörte. Vor acht Jahren war der junge Syrer mit dem Boot nach Europa gekommen – und vor ein paar Tagen wurde er zum Bürgermeister von Ostels­heim im Schwarzwald gewählt. Sicher: Freude darüber, dass es einer „geschafft“ hat, aber noch viel mehr Freude über das Vertrauen der Ostelsheimer Bevölkerung. Und über einen Chef, der den heute 29-jährigen Ryyan ermutigt hat zu kandidieren. Es ist ein Charisma, Begabungen zu erkennen.

In derselben Sendung dann auch der Bericht über unmenschliche Arbeitsbedingungen im Botendienstwesen, der mir vor Augen geführt hat, worüber Sie empört geschrieben haben. Es bleibt dabei: lieber zweimal in die Buchhandlung gehen als einmal bei Amazon bestellen.

Anfang als „Stenotypistin“

Sie haben mich gefragt, wie „die Situation“ bei mir war. Damals, 1962/63, als ich im Journalismus angefangen hatte. Sie ist nicht zu vergleichen mit dem, was Sie so authentisch über Ihre Situation und über die häufige Selbstausbeutung in der Medienarbeit vermitteln. Ich bekenne: Ich hatte einen glücklichen Start auf meiner Laufbahn, nicht zuletzt dank eines Chefs, dem Förderung vor Forderung gegangen war. Und learn­ing by doing. Ich war ein junger Familienvater – und er sorgte dafür, dass ich mit einer Anstellung eine minimale soziale Absicherung hatte. Mein Anstellungsvertrag lautete zwar „als Stenotypistin“, das „-in“ auf dem Formular war nicht einmal in Klammer.

Ich war stolz, im größten Kulturmedium des Landes, dem Radioprogramm des Österreichischen Rundfunks, einem Auftrag verpflichtet zu sein, der – angeblich noch immer – Bildungsauftrag heißt. In einem Unternehmen, das unabhängig und öffentlich ist. Für ein Gemeinwohl ist Bildung erforderlich, und die „Staatskunst“ (=Regierung?) hätte – zumindest nach Aristoteles – dafür zu sorgen. Heute: mit lebens­fähigen Qualitätsmedien.

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