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Befreiung vom Faschismus oder Kriegsende - was in Rumänien gefeiert wird, hängt von der politischen Lage und Einstellung ab.

Rumänien ist das Land, welches im Zweiten Weltkrieg auf beiden Seiten kämpfte. Ab 1942 zusammen und neben den Truppen der Deutschen Wehrmacht gegen die Sowjetunion und die Alliierten und ab dem 23. August 1944 neben der Sowjetunion und den Alliierten gegen Hitler-Deutschland und dessen Verbündete.

Deshalb ist es schwierig und von der heutigen politischen Lage und Einstellung abhängig, wann Rumänien das Kriegsende feiert. Am 23. August 1944 oder am 8. Mai 1945. Beide Daten haben eine große historische Bedeutung für die Geschichte Rumäniens.

Wende zu den Alliierten ...

Rumänien ab 1941, nach der Absetzung und Exilierung von König Carol II, von Marschall Antonescu, einem Karriereoffizier, politisch rechts stehend und Hitler-freundlich, diktatorisch geführt und von König Carols II. Sohn Mihai I. passiv regiert, hat zwar die Präsenz deutscher Truppen auf seinem Territorium zugelassen, war aber kein Verbündeter. Erst nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion schloss sich Rumänien mit dem Ziel an, jene durch die Sowjetunion mit ultimativer Gewalt (Molotow-Ribbentrop-Pakt) angeeigneten Territorien von Bessarabien (heute Moldawien) und der Nord-Bukowina zurückzugewinnen. Doch leider mussten die rumänischen Verbände bis Stalingrad weiterkämpfen, was nicht nur 170.000 eigene Tote zur Folge hatte, sondern auch eine ausweglose Lage im Mutterland.

Am 23. August 1944 verhaftete der junge König Mihai I. den "Führer" Antonescu persönlich und deklarierte Rumäniens Austritt als Verbündeter der Achse und Rumänien als neues und effektives Mitglied der Alliierten. Durch die rumänischen Gefangenen in der Sowjetunion und die im Land gebliebenen Armeebestände formierten sich dann einige Divisionen, welche sich gemeinsam mit den Sowjets ab diesem Zeitpunkt sozusagen um 180 Grad drehten und nun nach hinten zurückschossen. Diese rumänischen Verbände kämpften dann gemeinsam mit der Roten Armee bis zur Befreiung von Ungarn, der Tschechoslowakei und Österreichs.

Der 23. August 1944 war und ist aber auch das historische Datum der Wende zum - von den Sowjets aufgezwungenen - Kommunismus. Bis zum Fall des Eisernen Vorhangs bzw. dem Sturz Ceausescus im Dezember 1989 wurde der 23. August als Staatsfeiertag begangen, als Tag der Befreiung des Landes durch die Rote Armee.

Ab 1990 abgeschafft, wurde der 9. Mai als Kriegsende noch halbherzig gefeiert, obwohl dieser Tag für Rumänien nicht mehr wirklich von Bedeutung war.

Vergangenes Jahr hatte der damalige Staatspräsident Iliescu den 23. August als historischen Erinnerungstag wieder feiern lassen, allerdings ohne dass dieser wieder zu einem Feiertag wurde. Und die jetzt herrschende Mitte-Rechts Regierung hat den 23. August wieder gänzlich abgeschafft.

Somit ist es, ähnlich wie in Ungarn, schwer zu sagen, welches Datum für Rumänien ausschlaggebend für das Ende des II. Weltkrieges war. Der Naziterror und die Verfolgungen hörten jedenfalls am 23. August 1944 in Rumänien schlagartig auf. Der deutsche Botschafter von Kissinger erschoss sich sogar in der Botschaft, als er, völlig überrascht, vom königlichen Putsch gegen das Deutsche Reich erfuhr.

... hat II. Weltkrieg verkürzt

Andererseits war dieses Datum auch der Beginn von Verfolgungen und Verhaftungen seitens des angehenden russisch-kommunistischen Terrorregimes, welches Ende 1947 auch zu der erzwungenen Abdankung des Königs führte.

Da aber, laut Analysen von Historikern, der II. Weltkrieg sich durch Rumäniens Austritt am 23. August 1944 um etwa vier Monate - manche meinen sechs - verkürzt hat und die acht Monate bis zum Kriegsende sehr vielen Menschen in Rumänien das Leben gerettet haben - unter anderem auch mir -, wollen wir dieses für die Geschichte Rumäniens entscheidende Datum auch als solches ansehen.

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