25 Jahre Hermann Hesse

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Manche Autoren reißt ein runder Geburtstag für kurze Zeit aus dem Vergessen, und wenn es ein hundertjähriger Geburtstag ist, werden auch zu recht vergessene Künstler für kurz aus dem Keller geholt, doch bei prominenten wird auch der halbrunde Geburts-, Todes oder sonstwas-Tag öffentlich begangen. So funktioniert eben die deutschsprachige Gedenktage-Leitkultur. Und manche Autoren sind so dauerpräsent, dass man in Verlegenheit kommt, wie man das Jubiläum überhaupt noch hervorheben soll, denn der Verlag hat neben Gesamten und Gesammelten Werken bereits etliche Auswahlbände für Manager, Omis, Jugendliche, Sportler oder für fünf Minuten herausgegeben und alle Koryphäen haben schon vor fünf und vor zehn Jahren Bedenkenswertes im Feuilleton abgesondert. Jetzt ist es wieder einmal soweit: Die Literaturkalender verzeichnen Hesses 125. Geburtstag. Hesse, der handwerklich perfekte epische Erbschaftsverwalter des 19. Jahrhunderts, hat so viele Identifikationsangebote gestrickt, dass fast für jeden etwas dabei ist: für die Hippies und Aussteiger der siebziger Jahre, für Asienreisende, für Manager, die eigentlich ganz anders sind aber (wie eine von Horváths Frauenfiguren) so selten dazu kommen, oder für Spätpubertierende mit romantischem Buchbezug. Mit Hesse kann man sich zurückziehen und alles aussitzen (wie der Autor selbst Faschismus und Zweiten Weltkrieg). Andrerseits mag man froh sein, dass Hesse immerhin noch dazu verlockt, nach einem Buch zu greifen, und wenn der vielzitierte Trend zum Zweitbuch anhält, führt er ja vielleicht auch einmal über Hesse hinaus. Und nicht zu vergessen die diversen Quersubventionen - wie viele Avantgardeautoren müsste Suhrkamp einstellen ohne Hermann Hesse? Und Hand aufs Herz: Wer hat denn den "Mann ohne Eigenschaften" wirklich gelesen? Im Grunde muss Literatur eben doch erzählen - man sieht ja bei Michael Köhlmaier, wie gut das sogar im Fernsehen funktioniert. In diesem Sinne: bis nächstes Jahr - zu Hesses 126. Geburtstag!

cornelius.hell@furche.at

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