Abschied in Dankbarkeit

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Er hat sie nicht mehr gelesen, Gott sei Dank: die jüngsten Meldungen, dass der Journalismus - seine Lebensaufgabe - derzeit am Tiefpunkt der öffentlichen Glaubwürdigkeit angelangt ist. Felix Gamillscheg, der Grandseigneur der katholischen Publizistik in Österreich, ist am Samstag der Vorwoche im 92. Lebensjahr zu seinem Schöpfer heimgegangen. Bis zuletzt Anteil nehmend und "von mehr medialer Fairness und weniger Schrillheit“ träumend. Und doch auch froh, nicht mehr mittendrin stehen zu müssen.

Generationen von Journalisten und viele heimische Medien haben jeden Anlass, sich in Dankbarkeit an seiner Bahre zu verneigen. Allen voran die FURCHE, der er - zunächst als Chefredakteur und dann als Mit-Herausgeber - über 25 Jahre lang sein Wissen, seine religiösen Grundsätze, sein hohes Ansehen, seinen ausgeprägten Bildungsauftrag und bis zum Tod seine Zuneigung geschenkt hat.

Seine Nachfolge antreten zu dürfen, war und ist für Wilfried Stadler und mich ein enormer Ansporn.

Unglaublich, was dieser feinsinnige, sprachbegabte Historiker in mehr als fünfzig Berufsjahren als Publizist, Schriftsteller und engagierter Christ alles gewagt und bewegt hat:

• als Mitgestalter des legendären Katholikentags von 1952, der das geistige Fundament für eine "freie Kirche im freien Staat“ gelegt hat;

• als Innen- und Kulturpolitiker der Presse (welch ungewöhnliches, heute undenkbares Querschnittsressort!);

• als Chef der Kathpress, die er zu einer österreichweiten Agentur ausgebaut hat - auch, um der damals schweigenden Kirche Osteuropas von Wien aus eine starke Stimme zu geben;

• als Gründer und Leiter des Informationsdienstes für Bildungspolitik und Forschung (IBF), um Brücken zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit zu bauen;

• als Aushängeschild der FURCHE, die er zunächst aus einer tiefen Krise herausgeführt hat und der er als "personifizierte Medienethik“ über so viele Jahre ein Vorbild und Kompass war - engagiert, väterlich ausgleichend und weise. Legendär sein aufmunterndes "Macht’s a schöne Zeitung“, das er dem FURCHE-Team so gerne zurief;

• als Vorsitzender des Presserates - und als Gründer der Katholischen Medienakademie, die sich bis heute bemüht, sein Vermächtnis an den journalistischen Nachwuchses weiter zu geben.

"Älter werde ich stets, nimmer doch lerne ich aus“, schrieb der griechische Lyriker und Staatsmann Solon vor mehr als 2600 Jahren. Ein Satz, wie für Felix Gamillscheg formuliert: Bis weit ins gesegnete Alter hinein fand er immer neue Aufgaben und neue Interessen. Die FURCHE nimmt traurig Abschied von einer ihrer großen, prägenden Gestalten.

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