Afrikanische Antilopen

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Henning Mankell im Wiener Volkstheater.

Henning Mankell steht derzeit auch als Bühnenautor hoch in Kurs: Während er selbst in Koproduktion mit dem Schauspielhaus Graz und dem Teatro Avenida/Mosambik sein neues Stück "Butterfly Blues" vorbereitet, erlebte sein Anfang der neunziger Jahre verfasstes Drama "Antilopen" letzten Sonntag am Plafond des Volkstheaters die Österreichische Erstaufführung.

In dem Dreipersonenstück erzählt Mankell vom "Entwicklungshelferpaar" Elisabeth und Lars, die für ein humanitäres Projekt irgendwo in Afrika stationiert sind und kurz vor der Heimreise stehen. Martin wird Haus und Personal übernehmen und Lars' Arbeit weiterführen Dieser letzte Tag wird zum neuralgischen Punkt, sämtliche unausgesprochenen Konflikte zwischen Weißen und Schwarzen, Reichen und Armen, Lars und Elisabeth brechen an diesem von Whiskey umnebelten und der Tropenhitze aufgeweichten Abend hervor.

"Antilopen" - der Titel ist eine Metapher für die schönen afrikanischen Mädchen, die Lars für Nacktfotos und was auch immer gekauft hat, Metapher für Elisabeths verlorene Träume, für die Trugbilder der mutmaßlichen Missionare und den Verlust aller Zukunftsperspektiven.

Mankell, selbst sechs Monate des Jahres in Maputo/Mosambik lebend, entlarvt Klischees einer aufopfernden Entwicklungshilfe als bisweilen machtgierige Kolonialisierungsstragie und desavouiert den Zynismus vorhandener Unterdrückungsmechanismen. Elisabeth und Lars sind Orientierungslose in einer fremden Welt, denen am Ende selbst das Wissen um ihren Auftrag verloren geht. Das Klima hat das Gedächtnis aufgeweicht, der soziale Status die Geschichte verfälscht, Resterinnerung wird im Alkohol ertränkt.

Regisseurin Birgit Doll setzt auf das Atmosphärische, arbeitet gezielt mit Lichtregie und schafft vor dem Hintergrund der Trommelkulisse eine geheimnisvolle, bedrohliche Stimmung, in der Rainer Frieb als Lars nichts anderes bleibt, als sich seinem Versagen in einer Welt, in die er nie gehören wird, zu stellen. Cornelia Köndgen als seine Frau könnte jene Figur sein, die die Verlogenheit und Hilflosigkeit der mutmaßlichen Helfer demaskiert, doch verharrt sie in einer aufgesetzten Exaltiertheit und bildet nur eine Frau ab, die sich in ihrer Fadesse selbst unerträglich geworden ist.

Christoph von Friedl hingegen zeigt einen noch mit der Illusion des hilfreichen Helden versehenen Nachfolger. Am Ende schließt sich der Kreis und er nimmt jene Haltung ein, mit der Lars das Kammerspiel eröffnet: der stumpfe Gestus der Vorurteile und Kommunikationslosigkeit.

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