Alarmisten und Feuerwehr

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Spannungen um Muslime eskalieren - noch? - im Kleinen. Eine Verständigungsinitiative kommt da zur rechten Zeit.

Alarmismus war - wieder einmal - angesagt: Kaum wurde letzte Woche ruchbar, das Verteidigungsministerium plane die Etablierung von Militär-Imamen fürs Bundesheer, da echauffierten sich die üblichen Verdächtigen: "Wäre heute der 1. April, würde ich glauben, es handelt sich um einen üblen Faschingsscherz" (sic!), ließ der FP-Generalsekretär die APA wissen. Aber auch der Kommentator in der Presse bezweifelte "vorsichtig" die Sinnhaftigkeit eines "frommen Heeres-Imams" und enthüllte in der gleichen Ausgabe die Verweigerung der Flaggenparade durch drei muslimische Präsenzdiener. Anas Schakfeh, Präsident der Islamischen Glaubengemeinschaft, wundert sich, dass das Verhalten von drei Rekruten medialen Staub aufwirbelt und versichert, es gebe für einen Muslim keine religiöse Argumente gegen eine Flaggenparade. Was den Muslimen-Präsidenten noch mehr erstaunt, ist die Diskussion über die Imame im Heer: Man könne nicht einen Muslimen als Präsenzdiener einberufen und ihn als - religiösen - Mensch ignorieren, so Schakfeh zur Furche. Und er hat gute Argumente auf seiner Seite: Mittlerweile gebe es schon mehr Muslime als Evangelische im Heer. Von den Fakten her schwer verständlich, dass evangelische Militärseelsorge selbstverständlich ist, Überlegungen für eine geistliche Begleitung muslimischer Soldaten dagegen die Alarmisten flugs auf den Plan rufen.

Doch rational nachvollziehbar scheinen manche Reaktionen nichtmuslimischer Österreicher zur Zeit sowieso nicht zu sein. Ein bezeichnendes Licht werfen die letztwöchig bekannt gewordenen Bad-Vorfälle im oberösterreichischen Ried da auf islamophobe Stimmung: Dort hatte nämlich eine muslimische Frauengruppe das Hallenbad außerhalb der Öffnungszeiten gemietet. Doch weil es im Ort starke Proteste gegen die "Extrawurst" für die Musliminnen gegeben hatte, stoppte der Pächter die ganze Sache wieder. Dass ein Tauchclub das Bad ebenfalls außerhalb der Öffnungszeiten mietete, hatte hingegen keinerlei Entrüstungssturm hervorgerufen...

Geschilderte Vorfälle sind wahrscheinlich noch nicht wirklich gefährlich, aber doch Symptome für Fremdheit innerhalb der Gesellschaft, die nicht kleingeredet werden sollten.

Für Alarmismus mag kein Anlass da sein. Angesichts der (kleinen) Zündeleien beim Verhältnis zu den Muslimen ist aber ein Bedarf an einer "Feuerwehr", die große Brände zwischen den Religionen in dieser Gesellschaft erst gar nicht aufkommen lässt, mehr als gegeben.

Vor einigen Wochen hat daher innerhalb der Katholischen Aktion Österreich eine Gruppe rund um den Publizisten Paul Schulmeister eine zivilgesellschaftliche Plattform von Christen aller Konfessionen und Muslimen angedacht, die in Österreich öffentlich Wort ergreifen will, wenn das Zusammenleben von Christen und Muslimen - wie jüngst im Karikaturenstreit - Belastungen ausgesetzt ist. Diese Plattform, der Christen aller großen Kirchen und Muslime angehören, stellte sich am Mittwoch in Form eines Personenkomitees vor und präsentierte eine Erklärung "für eine gemeinsame Zukunft in Österreich", der sich jede und jeder, die dieses Anliegen teilen, anschließen können und sollen (Kasten rechts).

Als Erstunterzeichner dieser Erklärung fungieren prononcierte Vertreter aller Teile der Zivilgesellschaft - prominente Muslime wie der österreichische Fußballnationalspieler Muhammet Akagündüz oder der Schriftsteller DÇzevad Karahasan. Autorenkollegin Barbara Frischmuth beteiligt sich ebenso wie die Schauspieler Klaus Maria Brandauer und Elfriede Ott, dazu auch Geiger Julian Rachlin und Hubert von Goisern. Neben Kirchenvertretern (Bischof Helmut Krätzl, Propst Maximilian Fürnsinn, Metropolit Michael Staikos, Oberkirchenrat Michael Bünker) finden sich auch Persönlichkeiten wie der prominente Altkatholik Hannes Androsch, Erhard Busek, Anton Pelinka, Kurt Scholz, Barbara Coudenhove-Kalergi und Furche-Herausgeber Heinz Nußbaumer - auf der etwa 70 Namen umfassenden Liste der Erstunterzeichner: Eine zivilgesellschaftliche Bewegung soll hier angestoßen werden, hofft nicht nur Mitinitiator Paul Schulmeister.

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