Nur wer die Wahl hat, hat die Qual. So gesehen, ist mit Alexander Wrabetz’ erneuter Kür zum Generaldirektor der aufgrund fehlender Alternativen vielleicht peinlichere Teil, aber mangels solcher Optionen weniger peinigende Part jenes Spektakels vorbei, das im Normalfall die Hälfte jeder Amtszeit im ORF lähmt. Am Anfang durch die Einarbeitung, am Ende infolge Kandidatenwerbung. Zumindest diese Ausfallzeit reduziert sich dank der Wiederbestellung. Doch nach der Wahl ist vor der Wahl. Da die Zweite Republik seit Herbst 2010 zumindest planmäßig bis Frühjahr 2013 ihre längste Phase ohne Urnengang für Bund und Land erlebt, gilt das öffentliche Augenmerk mehr denn je Spiegelgefechten im ORF. Ein Stellvertreterzwist frei nach Friedrich Hebbel: Dies Medium ist eine kleine Welt, in der die große ihre Probe hält. Die Parteien legen Kommunikationsschienen zur Nationalratswahl 2013.
Also steht Österreichs Innenpolitik noch einen Monat lang im Bann des Gezerres um Wrabetz’ Team und die Bestellung der Landesdirektoren samt nachgeordnetem Personal. Die Beschädigung sämtlicher guter Kandidaten ist dabei Teil des Programms. Denn so wie der Kanzlerwunsch für den General, gelten die Landeshauptleutebegehren nach den Filialleitern als Befehl. Wer etwas wird, landet ungeachtet der Qualifikation in einer parteipolitischen Schublade.
Noch vereint der ORF als größter Medien-Arbeitgeber einen Gutteil der besten TV- und Radio-Journalisten Österreichs. Doch für den öffentlich-rechtlichen Koloss gilt mehr noch als für private Anbieter die Vertrauensfrage. Glaubwürdigkeit entsteht aus Äquidistanz zu Parteien. Allen nah zu sein, ist nicht erst seit News Of The World und Murdochs Wanken das Gegenteil davon. Alexander Wrabetz’ Ära wird insgesamt daran zu messen sein, ob es ihm gelingt, den fatalen Abhängigkeitseindruck seiner Wahl zu zerstreuen.
* Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst.
