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Das Interessante an der Nach-Wahlzeit ist die Vivisektion des Abschieds. Wenn es um den Abschied von der Macht geht, laufen selbst die bewährtesten Politiker aus der Form. Ihnen gelingt es am seltensten, nach Rilkes Maxime zu leben: „Sei allem Abschied voran.“ Denn das Vorwegnehmen des Abschieds, der zum Leben gehört, verlangt Distanz zu den eigenen Taten und Zielen.

Für die Wähler heißt Nach-Wahlzeit auch Abschied von Alpträumen: etwa jenem eines Bundeskanzlers, der sich die Kunst- und Kulturagenden einverleiben will – ein Modell, das unter verschiedenen parteipolitischen Vorzeichen schon zweimal gescheitert ist. Aber solange die Regierung nicht steht, weiß man nicht, ob einem nicht noch Alpträume ganz anderer Art ins Haus stehen. Abschiede sind eine sehr ambivalente Sache.

Wichtig ist, dass man selbst weiß, wann man Abschiede in Kauf nehmen muss. Gerade hier kann man von Politikerinnen und Politikern lernen, denn ihr Abschied ist meist das Letzte, was in Erinnerung bleibt – ein guter Abschied zur rechten Zeit oder eine quälende Demontage. Oktober ist eine gute Zeit, um Abschiede einzuüben – mit Blick auf den endgültigen Abschied, der nun einmal zum Leben gehört. Und mit Blick auf neue Anfänge, die ohne Abschied nicht zu haben sind. Weder in der Politik, noch im Beruf, noch privat.

cornelius.hell@furche.at

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