Eliot - © Foto: iStock / benoitb

Alles andere als mittelmäßig

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Vor 200 Jahren wurde Mary Anne Evans, besser bekannt als George Eliot, geboren. Mit ihrem Roman „Middlemarch“ schuf sie ein zeitloses Meisterwerk.

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Vor 200 Jahren wurde Mary Anne Evans, besser bekannt als George Eliot, geboren. Mit ihrem Roman „Middlemarch“ schuf sie ein zeitloses Meisterwerk.

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Dem berühmten Dreigestirn der großen britischen Autorinnen, Jane Austen, Virginia Woolf und den Brontë­Schwestern (die natürlich jeweils einen eigenen Platz verdient haben, daher seien sie hier auch einzeln erwähnt: Charlotte, Emily und etwas eingeschränkt auch Anne) ist in ihrem Heimatland noch eine weitere Schriftstellerin gleichrangig beigestellt, die im deutschsprachigen Raum viel zu wenig Beachtung erhält – und das ist Mary Anne Evans. Falls da nichts klingelt, grämen Sie sich nicht, ihr Pseudonym wird Ihnen wahrscheinlich schon untergekommen sein, es handelt sich um George Eliot, die am 22. November vor 200 Jahren in Nuneaton im mittelenglischen Warwickshire geboren wurde.

Schon zu Lebzeiten war George Eliot eine gefeierte und auch vielgelesene Autorin. Im Gegensatz zu den Brontës, die heute niemand mehr unter ihren männlichen Pseudonymen Currer, Ellis und Acton Bell kennt, hat Eliot ihren selbst gewählten Männernamen behalten, auch als die Verschleierungsstrategie schon längst obsolet war. George Eliot war eine ambivalente Persönlichkeit und so wird sie auch rezipiert. Sie engagierte sich finanziell für die Bildung von Frauen, gleichzeitig äußerte sie sich (wenn auch anonym) spöttisch bis abfällig über die Bücher anderer Autorinnen. Legendär ist ihr in der Westminster Review, einer renommierten, liberalen englischen Literaturzeitschrift, die Eliot mitherausgab, erschienener Artikel: „Silly Novels by Lady Novelists“ (Inhalt und Stil des Artikels sind so böse wie der Titel vermuten lässt). Diese Herablassung und ihre Unentschiedenheit in der Frauenfrage wurden ihr nicht nur von feministischer Seite oft vorgeworfen.

Unkonventionell und vielseitig

Auch wenn das literaturhistorisch und gesellschaftspolitisch verständlich sein mag, so ist es gleichzeitig auch ärgerlich, dass Schriftstellerinnen immer automatisch auf ihr feministisches Potenzial abgeklopft und daran gemessen werden. Das männliche Pseudonym hatte nicht nur den Sinn, ihr Geschlecht zu verschleiern. Das hätte sie gar nicht nötig gehabt, denn als Evans ihren ersten Roman veröffentlichte, hatte sie sich in literarischen Kreisen als Kritikerin schon längst einen Namen gemacht. Vielmehr lebte sie in wilder Ehe mit dem seinerseits verheirateten Schriftsteller und Kritiker George Henry Lewes zusammen – ein Skandal im viktorianischen London, von dem das Pseudonym ablenken sollte.

Schon früh wandte sie sich von der Kirche ab, was fast zum Bruch mit dem Vater geführt hätte. Nach dem Tod ihres Geliebten heiratete sie dann doch noch und erregte damit gleich wieder die skandallüsterne Londoner Gesellschaft, war ihr Ehemann John Cross doch über zwanzig Jahre jünger als seine Frau. Nach einer turbulenten Hochzeitsreise nach Italien (in Venedig sprang Cross aus bis heute ungeklärten Gründen aus dem Hotelzimmer in den Canale Grande) starb Mary Anne (nunmehr) Cross nur sieben Monate nach ihrer Hochzeit 1880 in London.

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