Allzu lustiges Elend

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Fröhlicher "Lumpazivagabundus" am Wiener Volkstheater.

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Fröhlicher "Lumpazivagabundus" am Wiener Volkstheater.

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Ja, ja, der Komet - oder die Sonnenfinsternis oder die Jahrtausendwende -, der Mensch findet leicht Anlaß, lustvoll dem möglichen Weltende entgegenzufiebern. Johann Nestroys 1833 uraufgeführter "Lumpazivagabundus" enttarnt unter anderem dieses Verhalten als Vorwand, sich nicht mehr strapazieren zu müssen. Den Trend unserer heutigen Gesellschaft, das bürgerliche Glück mit Füßen zu treten und sich lieber zu Tode zu amüsieren, nehmen bereits zwei aus dem "liederlichen Kleeblatt" vorweg, der Schneider und Schürzenjäger Zwirn, der das solide Leben nicht aushält, und der Schuster und Alkoholiker Knieriem, den - so Nestroy - das Saufen davon abhält, sich aus Verzweiflung dem Trunke zu ergeben.

Am Wiener Volkstheater setzte Hausherrin Emmy Werner mit Recht dieses Stück knapp vor Silvester 1999 auf den Spielplan. Doch ihrer Inszenierung unter Einbeziehung von Nestroys Nachfolgestück "Der Welt-Untergangs-Tag" fehlt der Tiefgang, kleine Änderungen gegenüber der vorwiegend gespielten Fassung, deren Schluß bekanntlich auch unbefriedigend wirkt, stören weniger. Doch wenn Lumpazivagabundus hier nicht als böser Geist, sondern als Beschützer des lustigen Elends auftritt, sollte stärker durchschimmern, daß dieses Elend zwar lustig, aber immer noch ein Elend ist.

Allzu sehr dominieren in diesem durch moderne Liedeinlagen fast Operettencharakter aufweisenden Nestroy Spaß, Outrage und Klamauk. Dabei bilden Toni Böhm (Leim), Karl Markovics (Zwirn) und Heinz Petters (Knieriem) ein beachtliches Kleeblatt, dem zu verdanken ist, daß fast nie Langeweile aufkommt und keiner den Besuch dieses "Lumpazivagabundus" bereuen muß.

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