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Im jüdischen Leben und Überleben, und damit verbunden dem Wechselbad von Freude und Schmerz im Kampf um die Existenz, hat der rumänisch-französische Regisseur Radu Mihaileanu jene Quelle gefunden, die den Hauptteil seines Schaffens befeuert. Auf diese Weise spannt sich der Bogen von "Zug des Lebens", wo ein Dorf seine Deportation inszeniert, um nach Palästina zu entkommen, "Geh und lebe", in dem ein äthiopischer Junge vorgibt, Jude zu sein, um sich vor dem Hunger nach Israel zu retten, bis hin zu "Das Konzert", als sich die späte Chance auf Genugtuung für einen Dirigenten auftut, der unter den Sowjets für den Schutz jüdischer Musiker in Ungnade gefallen war.

In "Die Geschichte der Liebe" setzt er sich diese Beschäftigung wie logisch fort, genauso aber Mihaileanus Streben, dafür die ultimative Erzählung zu finden. Den Stoff liefert ihm diesmal der gleichnamige Roman von Nicole Krauss, der allmählich mehrere Protagonisten und einen Zeitraum von der Gegenwart bis zurück vor den Zweiten Weltkrieg in süßer Tragik verwebt. Davon, dass er in der Mitte dieses Netzes steht, hat Leo Gursky keine Ahnung. Weil ihm das Schicksal den Gefallen, tot zu sein, nicht erfüllen will, verbringt er seine Tage in New York im Zank mit seinem einzigen Freund und Nachbarn und dem Nachtrauern über Alma, das Mädchen aus dem Schtetl, dem er treu blieb, obwohl beide das Schicksal auseinanderriss.

Kein lautes Melodram

Und ständig prüft er nach, ob das Manuskript, das er für sie schrieb, das aber in den Wirren des Kriegs verloren ging, doch irgendwo aufgetaucht ist. Wenige Häuserblocks weiter versucht eine andere Alma, nach dem Tod des Vaters mit dem Leben weiterzumachen. Damit auch gleich die finanziellen Sorgen der Familie gelöst sind, will sie die Mutter verkuppeln, am besten an den reichen, anonymen Auftraggeber, der von ihr genau jenes Buch aus dem Spanischen übersetzt haben will, nach dessen Heldin Alma benannt ist. Kunstvoll legt die Verfilmung Schicht um Schicht des komplexen Dramas frei, platziert sorgfältig seine Schalter, um in Rückblenden die Geschehnisse von damals zu offenbaren.

Noch vor Gemma Arterton, die als angebetete Alma all ihre Emotionen in große Sanftheit zu packen weiß, ist es in "Die Geschichte der Liebe" der britische Shakespeare-Veteran Derek Jacobi, der als alter, gebeutelter Leo seiner langen Liste denkwürdiger Darstellungen eine hinzufügt. Das Versprechen von der großen, facettenreichen Erzählung, die es wagt, sich in Schwarz-Weiß und mit einem "Es war einmal" einzuläuten, erfüllt der Film auch, weil er auf seinem Weg subtil eine Gemeinschaft von Vergangenheit und Gegenwart schafft. Behutsam ist der Verweis auf das Trauma vom 11. September gesetzt - als schöner Beweis dafür, dass es keine extrem lauten Melodramen braucht, um unglaublich nahe zu gehen.

Die Geschichte der Liebe (The History of Love)

F/CDN/RO/USA 2016. Regie: Radu Mihaileanu. Mit Derek Jacobi, Gemma Arterton. Filmladen. 134 Min.

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