Alpen-Action in der Steinzeit

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"Der Ötztal-Mann und seine Welt" - eine reißerische Doku über den Mann aus dem Eis.

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"Der Ötztal-Mann und seine Welt" - eine reißerische Doku über den Mann aus dem Eis.

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Mit Pfeil und Bogen machte er Jagd auf Bären, Luchse und Auerhähne, mit bloßer Muskelkraft pflügte er den Boden, um urzeitliches Getreide anzubauen, mit Fliegenpilzen und Tollkirschen versetzte er sich in rituelle Rauschzustände: "Ötzi", die 1991 in den Ötztaler Alpen entdeckte Gletschermumie aus der Jungsteinzeit ist wiederauferstanden - zumindest in dem Film "Der Ötztal-Mann und seine Welt - Das Jahr bevor er schlief". Ursprünglich hätte der Titel "Ötzis Welt" lauten sollen, doch er mußte geändert werden, da sich eine Münchener Firma die Rechte auf den Namen "Ötzi" gesichert hatte. So undurchdringlich die Wälder der Jungsteinzeit auch waren, durch juristisches Gestrüpp mußten sich die Menschen damals wenigstens nicht kämpfen ...

In sage und schreibe 300 Drehtagen hat der Österreicher Kurt Mündl, einer der international renommiertesten Naturfilmer, dem Ötzi ein Gesicht gegeben und die jungsteinzeitliche Welt rekonstruiert. Der Zuseher erlebt als Begleiter des Ötztal-Mannes vier Jahreszeiten in einer übermächtigen, in monumentale Bilder gesetzten Urnatur. Man wird Zeuge der komplizierten Herstellung von Feuer, des Gießens von Kupferbeilen und des Fischfangs mittels Speer. Waffen, Kleidung und Geschirr wurden nach archäologischer Vorlage hergestellt, das Sozialleben der Sippe, zu der Ötzi gehörte, auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse nachgestellt.

Zahlreiche reißerisch aufbereitete Actionszenen rücken den Streifen an die Grenze zum Spielfilm: Jagd- und Kampfszene werden durch Zeitlupen- und Tricksequenzen hollywoodmäßig aufgefettet- aber so muß das wohl heutzutage sein bei flotten Dokus ("Dokumentarfilm" klingt ja schon wie ein Begriff aus Ötzis Wortschatz). Trotzdem besticht der Film in Summe durch ein hohes Maß an Authentizität. Denn die alpine Landschaft mit ihren Mooren, Flußauen, Karstzonen, mit ihren türkisfarbenen Wildbächen, tosenden Wasserfällen und tundraähnlichen Dauerfrostböden bedarf keiner modischen filmischen Mittel.

Lustiges Detail am Rande: Da der Film in Kärnten gedreht wurde, sprechen einige der jungsteinzeitlichen Menschen deutlich hörbar mit Kärntner Akzent. Unversehens bekommt da ein alter, dummer Witz eine neue Pointe: Wie hieß der erste Kärntner? - Nicht Orangutnig, sondern Öhdsi.

Ab 29. Oktober im Kino Buchtip DER ÖTZTAL-MANN UND SEINE WELT Von Kurt Mündl Verlag Styria, Graz 1999 208 Seiten, 270 Farbabbildungen,öS 364,-/f 26,45

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