Alptraumtänzer sonder Zahl

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Wenn man die Griechenland-Diskussion verfolgt, dann muss man sich von Zeit zu Zeit in den Arm kneifen, um sicher zu gehen, dass man nicht träumt. Da sind die amerikanischen Ökonomie-Nobelpreisträger, die damit argumentieren, dass Keynes gezeigt habe, dass rezessive Phasen mit einem Schwung von öffentlichem Geld zu bewältigen sind - was in der Sache richtig, aber nicht im konkreten Fall anwendbar ist, denn Keynes hat dieses Modell niemals als Entwicklungsprogramm für ein unterentwickeltes Land (und das ist Griechenland nach Abzug seiner Verschuldung nun einmal) angesehen.

Da sind die Kommentatoren, die den Deutschen vorwerfen, auf "Spielregeln" zu beharren -als ob es nicht eine große Errungenschaft der modernen liberal-demokratischen Welt wäre, politische Willkür durch weitgehende Regelhaftigkeit zu ersetzen.

Da sind die Solidaritätsbeschwörer, die glauben, Mitgefühl gebiete, unkontrolliert weitere Ressourcen in einen verrotteten Staat hineinzugießen, damit auch diese ebenso verschwinden wie die vielen Milliarden vorher, gemäß offizieller Ankündigung der Regierung. Da sind die Europa-Fetischisten, die so tun, als würde Europa untergehen, wenn irgendwo an der Peripherie ein Zwei-Prozent-Land dauernd oder zeitweise aus dem Euro ausscheidet. Da sind in mehreren Ländern die politischen (linken oder rechten, offenbar ohnehin eines Sinnes) Rabauken im Aufschwung, die ihren traditionellen Antiamerikanismus in einen neuen Antigermanismus ummünzen wollen.

Manchmal hat man das Gefühl, in einer Geisterbahn zu sitzen (wenn es nicht wenigstens noch einige östliche Staaten gäbe, die das Gefühl für die Wirklichkeit noch nicht verloren haben). Es gibt nicht viel zu deuteln: Wenn wir die attackierten Schäuble und Merkel nicht hätten, dann wäre Europa bald am Ende - oder bereits seit Monaten zerbrochen.

Der Autor ist Professor für Soziologie an der Universität Graz

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