Alte Marken aufbrauchen!

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Anfrage im kleinen Postamt am Stadtrand: "Wir wissen noch nichts, aber ich ruf' im Zustellpostamt an!" Dort: "Ja, amtlich haben wir auch noch nichts, aber man spricht davon!" Rückfrage in der obersten Etage: "Umtausch in zwei Zügen - im Übrigen gilt die allgemeine Umtauschverordnung!"

Also nun im Klartext: Bereits jetzt können alle seit der Währungsreform von 1947 erschienenen Frei- und Sondermarken gegen "gängige Werte" -in den Wertstufen 7, 8, 10, und 12 Schilling - umgetauscht werden. Ab 1. Jänner, wenn dann die Euro-Marken am Schalter zu haben sind, gibt es für diese "gängigen" Werte entsprechende der Euro-Serie. Eine Rücknahme gegen bar ist nicht möglich. Alle Klarheiten restlos beseitigt?

Wer heute schon gewohnt ist, seine Nachrichten zu mailen, wird ebensowenig davon betroffen sein, wie jene Briefschreiber, die ihre Briefe jeweils einzeln zum Schalter tragen und dort freimachen lassen. Aber für die Sammler - und noch mehr für die Erben solcher Sammler -, die sich in den vergangenen 54 Jahren größere Bestände der jeweils erscheinenden Marken beiseitegelegt haben, ist die Sache etwas komplizierter.

Seit dem 10. Dezember 1947 bis Jahresende 2001 werden rund 1.500 Frei- und Sondermarken erschienen sein, die alle heute noch frankaturgültig sind. Die Nennwerte reichen von drei Groschen bis 50 Schilling, der gesamte Nennwert dieser Ausgaben erreicht gut 6.000 Schilling - die Zuschläge nicht eingerechnet. Die Auflagen reichten für die Sondermarken von 290.000 beim Kärntner Abstimmungssatz 1950 bis zu zehn Millionen bei manchen Weihnachtsmarken.

Und alles, was von diesen Ausgaben nicht verbraucht oder endgültig in Sammlungen verschwunden ist, steht jetzt zum Umtausch heran. Das geht nur unter Einhaltung bestimmter Modalitäten, wenn nicht der Verkehr eines Postamts fallweise lahmgelegt werden soll.

Nicht nur die Groschenwerte der ersten Jahre - darunter Stufen von 3, 5,15, 45, 75 Groschen -, auch die bis in die Sechzigerjahre fallweise vorkommenden Werte von 1.20, 1.45, 1.80, 2.20, 2.40, 6.40 Schilling und andere oder die für das Zollausschlussgebiet Kleines Walsertal ausgegebenen Stufen 4.20 und 5.60 Schilling werden nun gewisse Rechenvorgänge erfordern, um sie auf "gängige" Wertstufen umzurechnen.

Ganze Bogen oder größere Bogenteile sind leicht zu überblicken, sie machen keine Probleme. Der Großteil der anfallenden Schätze wird jedoch wohl in Einzelstücken oder kleinen Einheiten eingeliefert werden. Sie müssen, nach Wertstufen sortiert - ohne Rücksicht auf Erscheinungsdatum oder Satzzugehörigkeit -, aufgeklebt werden, möglichst auf DIN A4-Bögen, um dem Postler die Übersicht und Kontrolle zu erleichtern. Vorher ausrechnen, was "drin" ist, erleichtert die Abwicklung. Dasselbe gilt für Ganzsachen - Postkarten, Briefumschläge, Aerogramme mit eingedruckter Marke - auch sie müssen vorsortiert angeliefert werden.

Alle Zuschläge, die zugunsten von sozialen Aufgaben oder philatelistischen Veranstaltungen erhoben wurden, bleiben außer Berechnung - sie sind mit den Begünstigten schon abgerechnet. Nachportomarken, die mitunter auch heute noch zur Verrechnung von Nachgebühren verwendet werden, können nicht umgetauscht werden.

Für die so vorbereiteten Bestände werden also zunächst "gängige" Schillingwerte aus der laufenden Dauerreihe ausgehändigt, und für die dann ab 1. Jänner die neuen in Euro-Währung, - 0.51, 0.58, 0.73, 0.87 und 2.03 Euro.

Typische Motive Die neuen Marken - zunächst nur in diesen Wertstufen - zeigen typische österreichische Landschaften und sollen für den Fremdenverkehr werben. Sie sind für Abonnenten ab 1. Oktober, für Nur-Verbraucher ab 1. Jänner 2002 erhältlich. Die Schilling-Marken - auch die "nicht gängigen" Werte - können noch bis 30. Juni 2002, auch gemeinsam mit Euro-Marken verwendet werden und verlieren dann ihre Gültigkeit. Nach dem 30. Juni 2002 wird ein Umtausch nur mehr bei Zentralstellen und gegen Gebühr möglich sein.

Bis dahin ist noch Zeit, und so empfiehlt es sich, möglichst jene Werte zuerst aufzubrauchen, deren Umtausch Mühe macht - bunt beklebte Umschläge sind der Lohn. Daraus könnte sich ein neues Sammelgebiet "Aufbrauchfrankaturen" entwickeln.

Der Übergang zum Euro ist zweifellos auch für die Sammler ein Einschnitt, aber nicht mehr als das, denn an der autonomen Briefmarkenpolitik der EU-Länder wird nicht gerüttelt (dazu sind die Sammler zu wichtige Melkkühe für die Post). Das Sammelgebiet Österreich hat den Übergang vom Gulden zur Krone, von der Krone zum Schilling, ja sogar vom Schilling zur Reichsmark und wieder zurück überstanden. Das Teilgebiet "Zweite Republik" wird auch in Euro-Währung weitergehen. Und wenn es in der Zeit bis zum 30. Juni 2002 möglich sein wird, in "Mischfrankaturen" Schillingmarken mit neuen Euro-Marken zu kombinieren, werden solche Belege den Übergang dokumentieren.

In andern Ländern hat man den Übergang dadurch erleichtert, dass die in den letzten Monaten vor der Umstellung erscheinenden Ausgaben doppelte Währungsbezeichnung tragen: 1.10 DM - 0.51 Euro, 800 Lire - 0.42 Euro, 18 luxemburgische Francs - 0.45 Euro. Damit können die Marken fugenlos weitergelten. (Die Mühe mit dem Umtausch früherer Ausgaben bleibt trotzdem). Als die liechtensteinische Post ankündigte, mit dem Umstieg auf Euro alle früheren Ausgaben ersatzlos für ungültig zu erklären, erhob sich ein Proteststurm, der die Postverwaltung doch nachdenken ließ. Denn die Sammler sind längst ein Wirtschaftsfaktor, mit dem die Staaten rechnen müssen.

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