Altes feiern, die Klassik entstauben

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Bernhard Kerres, Intendant des Konzerthauses, über die 20. "Resonanzen“, das Frühlingsfestival und das Konzertprogramm der Wiener Festwochen.

"Wir sind vor zwanzig Jahren als erste in eine Nische hineingegangen, die damals niemand besetzt hat“, erklärt Bernhard Kerres den Erfolg des heuer zum 20. Mal veranstalteten Alte-Musik-Festivals der Konzerthausgesellschaft. Es war eine "gewisse Pionierleistung, weil Alte Musik zu diesem Zeitpunkt in Österreich, abgesehen von einigen wenigen, zu denen Nikolaus Harnoncourt und René Clemencic zählten, nicht gespielt wurde“, würdigt der Konzerthauschef das "besondere Gespür“ seines Vorvorgängers Karsten Witt, der die "Resonanzen“ erfunden hat.

"Resonanzen in Wien“

Gefeiert wird das Jubiläum mit einem Programm, das die Verbindung zu Wien ausdrücklich betont. Das erklärt das Motto des vom 14. bis 22. Jänner dauernden Festivals - "Resonanzen in Wien“ - und weswegen man vor allem Künstler eingeladen hat, die bereits von früheren "Resonanzen“ bekannt sind, um mit ihnen diese 20 Jahre zu feiern. Befragt nach seinen persönlichen Programmfavoriten nennt Kerres den Auftritt von Jordi Savall, die zum Festivalauftakt erklingende, in Wien entstandene Vivaldi-Oper "L’oracolo in Messenia“, die Aufführung des "Stabat mater“ des als Komponisten und Instrumentalisten am Hof der Habsburger-Herrscher Leopold I. und Joseph I. tätigen Antonio Maria Bononcini - und dass "Schikaneders Jugend“, ein von dem Geiger Hermann Haertel jun., der Harfenistin Merit Zloch und dem Sänger Manfred Hartl gestaltetes Programm mit Vorstadtballaden, den Sprung vom Vorspiel in das Hauptprogramm geschafft hat. Kerres: " Es ist schön zu sehen, dass mit der Erweiterung der Resonanzen, die wir vor zwei Jahren begonnen haben, junge Österreicher eine Möglichkeit haben, auf dieser Plattform mit zu musizieren.“

Ergänzt wird das Musikprogramm durch eine Ausstellung historischer Instrumente, die man selbst ausprobieren kann. Die jeweiligen Vorspiele zu den Hauptprogrammpunkten sind frei zugänglich, ebenso die Nachspiele, in deren Rahmen Filme gezeigt werden, aber auch Gelegenheit zum Besuch eines Barocktanzkurses besteht.

Kaum, dass die "Resonanzen“ ihre Pforten geschlossen haben, lädt die Wiener Konzerthausgesellschaft zum nächsten Musikfest, dem Wiener Frühlingsfestival. Man dürfe diese Perspektive, welche jährlich abwechselnd im Konzerthaus und im Musikverein veranstaltet wird, nicht isoliert sehen, sondern im Zusammenhang mit dem Konzertprogramm der Wiener Festwochen. Mit dem designierten Festwochenintendanten Markus Hinterhäuser hat es bereits mehrere Gespräche gegeben, betont Kerres. Er selbst hat dazu eine sehr persönliche Meinung: "Wenn sich die Stadt Wien Festwochen leistet, sollte sie sich auch ein Konzertprogramm leisten. Es ist unverständlich, dass die Zuwendung der Wiener Festwochen zum Konzertprogramm in den letzten Jahren mehr als halbiert wurde. Das ist aus meiner Sicht in einer Musikstadt wie Wien eine völlig falsche Entwicklung“, kritisiert der Konzerthausintendant die gegenwärtige Situation.

Gleichzeitig müsse man nachdenken, ob die Alternierung zwischen Musikverein und Konzerthaus Sinn macht: "Aus meiner Sicht sollte man in Wien zu den Festwochen Musik und Konzerte feiern, unabhängig vom Ort. Wir machen das bei Wien modern sehr schön vor, wo Musikverein und Konzerthaus sehr gut zusammen arbeiten. Ich würde mir das auch für die Festwochen wünschen, von denen es dafür ein oder mehrere Themenstellungen geben sollte.“

Beethoven, Schubert, Widmann

Das ist vorerst Zukunftsmusik, für heuer steht das Programm des Frühlingsfestivals (2. März bis 13. Mai) längst in allen Details fest. "Wir entstauben ein bisschen die Wiener Klassik, vor allem Beethoven“, verweist Kerres auf das Titelbild der Konzertvorschau und die zentralen Programmpunkte: Das Belcea Quartet wird Beethovens gesamte Streichquartette aufführen, Marc Minkowski mit seinen Musiciens du Louvre sämtliche Schubert-Symphonien, die auch aufgenommen werden. Zu den weiteren Interpreten zählen Victoria Mullova mit Beethoven-Violinsonaten und Pieter Wispelwey mit Cellowerken von Beethoven. Die Wiener Philharmoniker gastieren erstmals mit der Pianistin Hélène Grimaud unter Yannick Nézet-Séguin, der auch das Rotterdam Philharmonic Orchestra dirigiert, und unter Antonio Pappano mit einer Uraufführung von Jörg Widmann. Die Wiener Symphoniker spielen unter Ivor Bolton, das Chamber Orchestra of Europe unter Roger Norrington.

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