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Im Thalhof in Reichenau hat Schnitzler eine authentische Bühne. Und demnächst wird dort Thomas Bernhards "Vor dem Ruhestand" gespielt.

Reichenau ist mehrfach attraktiver Anziehungspunkt: Den geschichtsträchtigen Nobel-Sommerfrischeort am Fuß der Rax besuchten zahlreiche bedeutende österreichische Literaten, wie etwa Peter Altenberg, Hugo von Hofmannsthal, Heimito von Doderer, Johann Nestroy oder Arthur Schnitzler. Sie sind auch inhaltlicher Ausgangspunkt der Festspiele Reichenau sowie der Veranstaltungen am Thalhof (Schnitzlers Freundin Olga Waissnix war hier Wirtin).

Seit elf Jahren bespielt Helga David den Thalhof, im letzten Jahr erhielt sie dafür den Niederösterreichischen Anerkennungspreis, der sie motivierte, heuer drei Einakter aus dem "Anatol-Zyklus" zu zeigen. "Episode", "Weihnachtseinkäufe" und "Hochzeitsmorgen" geben ein deutliches Bild von Schnitzlers melancholischem Protagonisten bzw. seinem Alter ego. Im scheinbar unangetasteten Interieur des Ballsaals funktionieren Schnitzlers Einakter als Ausschnitt einer großbürgerlichen Gesellschaft des ausgehenden 19. Jahrhunderts auf authentische Weise. Sie fügen sich hier in ein Ambiente der Nostalgie, das kein Bühnenbild mehr benötigt. Atmosphärisch entsteht ein abgerundetes Gesamtbild zwischen historischem Schauplatz und Stück.

Als Anatol ist Christian Kainradl vor allem als selbstverliebter, schwärmerischer Melancholiker zu sehen, daneben Christian Nisslmüller als sein lebenstüchtiger, nüchterner Freund Max. Gabriela Hütters mondäne Dame der Gesellschaft ist entschieden wienerisch gefärbt (leider hält nur sie das Wienerische durch) und von der Konvention bis hin zur körperlichen Erstarrung eingeengt. Christine Sommer und Monika Pallua repräsentieren mit viel Spielfreude den Gegenpart des "süßen Mädels".

Am Originalschauplatz Thalhof wird man der Gegenwart entrückt und in eine Ahnung jener Zeit versetzt, als Altenberg und Schnitzler beim Samowar über ihr Frauenbild reflektierten und noch nichts von den nahenden weltpolitischen Katastrophen vermittelten.

Und so ist auch die Wahl von Thomas Bernhards "Vor dem Ruhestand" als zweite Inszenierung interessant, da auch hier dieser faszinierende Raum als geeigneter Ort für die Darstellung von Bernhards düsterem, abgeschlossenem Familiensystem erscheint. Premiere ist am 7. August, gespielt wird bis 7. September. Julia Danielczyk

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