Anders und nicht besser

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Wenn ich sage, dass mir die jüngste Ö1-Reform gegen den Strich geht, dann meine ich das in einem sehr konkreten, körperlichen Sinn. Ich bin nämlich so etwas wie ein wandelndes Ö1-Programmschema, ich habe den Sendeplan gespeichert, geradezu inkorporiert. Es ist kein bewusstes Wissen, sondern eine Konditionierung: Wenn eine Sendung zu Ende geht, höre ich im Kopf bereits die Signation der Folgesendung. Jede Reform berührt also meine vitalen Interessen. Wird eine Signation geändert, ein Sendeplatz verschoben, eine Sendung abgesetzt, leide ich unter akustischen Phantomschmerzen.

Ich bin also denkbar voreingenommen gegen jede Radioreform. Dennoch wage ich die Behauptung: Das jüngste Ö1-Facelifting scheint den Verdacht einer Einsparungsaktion zu bestätigen; nicht allein wegen der vermehrten Wiederholungen. Dass etwa die morgendliche Plaudersendung "Café Sonntag" mit wechselnden Gästen eingestellt und durch einen Ableger der glanzlos bewährten "Gedanken" ersetzt wurde, wird kaum jemand als Verbesserung erleben. Dass das fundierte Live-Gespräch "Von Tag zu Tag" nicht einfach vorverlegt, sondern abgesetzt wurde und nun -sprechender Name! - die Sendung "Punkt eins" Moderation, Gast und Anrufer und dazu noch Pausenfüllermusik und fürs Radio wenig taugliche Mailschreiber unter einen Hut zwingt, ist auch kein Fortschritt. Überhaupt wurde der "Wort-Anteil" auf Kosten des "Musik-Anteils" erhöht, und dennoch gibt es mehr flächendeckende Musik von einiger Beliebigkeit. Und eine kleinteiligere, unruhige Struktur. Was kann man loben? Immerhin das neue Medienmagazin "Doublecheck". Ich aber fürchte mich schon vor dem 1. Oktober. Zum Fünfziger beschert Ö1 sich selbst ein neues "akustisches Design" von Wolfgang Muthspiel. Um mich an das von Werner Pirchner zu gewöhnen habe ich 23 Jahre gebraucht.

Die Autorin ist Germanistin und Literaturkritikerin

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