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Noch schwanken ihre Charakterbilder von der Parteien Gunst und Haß verzerrt in der Geschichte: Engelbert Dollfuß und Kurt Schuschnigg werden in diesem Gedenkjahr sehr widerspruchsvoll "gewürdigt". Noch immer ist in Österreich Geschichtsschreibung nicht frei vom Einfluß parteipolitischen Denkens.

Viel öfter als das "Ja" Karl Renners zum "Anschluß" wird das "Ja" Kardinal Innitzers zitiert, und es gibt sozialistische Spitzenfunktionäre, die einem Dollfuß nicht zugestehen wollen, daß er Widerstand gegen Hitler geleistet hat. [ ]

Es ist schon interessant, wenn der deutsche Historiker Golo Mann in der letzten Nummer der Zeit über den "Anschluß" und seine Vorgeschichte schreibt, die christlichsozialen Bundeskanzler Seipel und Dollfuß hätten sich "redlich bemüht, zu einer Zusammenarbeit mit der Linken zu kommen. [] Es war die verblendete Politik der Linken, welche Dollfuß zwang, sich den Heimwehren und dem italienischen Protektor Mussolini zu fügen."

Golo Mann liefert auch eine in Österreich ungewohnte Charakteristik des "unterschätzten" Schuschnigg: "Er war ein feinfühliger, mutiger, ideenreicher Politiker, ein guter Österreicher auf verlorenem Posten."

Nun kann man darüber streiten, ob solche Einordnungen historisch begründbar sind. Und man soll darüber streiten. Gerade das aber geschieht ja in Österreich nicht oder zu wenig. Nr. 10 /11. März 1988

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