Anti-Hollywood und seine konservativen Trommler

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Angesichts des Presidential Chaos rund um Donald Trump lohnt ein Blick auf filmische Umgänge mit den US-Präsidenten.

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Angesichts des Presidential Chaos rund um Donald Trump lohnt ein Blick auf filmische Umgänge mit den US-Präsidenten.

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Die Prämisse ist einfach und boshaft: Die Bildungsbürger sind zu faul zum Fortpflanzen, während sich die Dummen vermehren. In 500 Jahren sind die USA deshalb ein IQ-loser Müllhaufen, regiert von einem Wrestler. 2006 gehörte die Komödie "Idiocracy" zur Reaktion liberaler Filmemacher auf die Amtszeit von George W. Bush -manche wie Michael Moore ("Fahrenheit 9/11") agitativer, andere wie Jonathan Demme subtiler. Zufällig spielte in dessen Neuauflage des Verschwörungsthrillers "Der Manchurian Kandidat" Meryl Streep die künftige Präsidentenmutter -jene laut Donald Trump "überbewertete" Dame, die seit dem Schlagabtausch im vergangenen Jänner einmal mehr als Galionsfigur des "liberalen Hollywood" gilt. Steckt hinter diesem Begriff mehr als eine Polarisierung, so verlangt er nach einem Gegenstück. Gibt es sie, die konservative amerikanische Filmproduktion, und wo? Die Antwort: Sie ist nun Teil der Regierung. Etwa in Person des Finanzministers Steven Mnuchin, Ex-Hedgefondsmanager und Begründer des Studios RatPac-Dune, das u. a. als Heimstatt für Clint Eastwood und dessen patriotisches Spätwerk "American Sniper" auffiel. Weit wichtiger ist aber Trumps Chefstratege Steve Bannon, der seinen politischen Aufstieg nicht als Chefredakteur der populistischen Webseite Breitbart begann, sondern als Regisseur und Produzent. Schwung bekam diese Karriere um 2010, als ihm ein Förderer eine Plattform bot: David Bossie, Präsident von Citizens United. Die gemeinnützig-konservative Organisation machte mit einer Klage vor dem Obersten Gerichtshof den Weg frei für sogenannte SuperPACs, politische Komitees, die vormalige Spendenlimits aushebelten. Im Rahmen von Citizens United trommelte Bannon die Lieblingsthemen der rechtsgerichteten Tea Party. "Occupy Unmasked" oder "The Hope &the Change" hießen solche Angriffe auf Regierung und Liberale. Am klarsten zeigte er seine Weltsicht in "Generation Zero", einer Doku, die das Bild einer Zyklen unterworfenen USA zeichnet. Basis-Aktivismus ist die erste Säule für die Verbreitung dieser Filme.

Das gilt auch für Dinesh D'Souza, einen Meister im Ausnutzen der Kinokonventionen. Vor den Wahlen 2016 brachte er "Hillary's America" heraus, eine "Aufdeckung" der jahrhundertelangen Geheimgeschichte der Demokraten, die in der Behauptung gipfelte, die Clintons seien Profidiebe. D'Souza ist nicht der erste, der sich als Antipode von Michael Moore versteht: Schon 2004 ritt Michael Wilson mit "Michael Moore Hates America" eine Frontalattacke, in der er den linksgerichteten Feind mit den eigenen Waffen entlarven wollte. Die innere Logik muss dabei nie länger halten als für den Moment. So kommt es auch, dass der von D'Souza als Sklavenhalter angeprangerte Präsident Andrew Jackson inzwischen von Donald Trump mehrfach als großes Vorbild gepriesen wurde.

Kampf um die Wertehoheit

Dieser Wechsel aus der Opposition an die Macht ist für die konservativ-politische Filmproduktion ein Stresstest, weil zu erwarten ist, dass nun demokratische Unterstützer verstärkt zu filmischem Aktivismus greifen -auch wenn sie im Kampf um die Wertehoheit nun die Bühne des Weißen Hauses hat. Mediale Ikonografie unter Trump, einer Ära der Hard Power, bedeutet etwa die Sternentafel der gefallenen CIAMitarbeiter als Hintergrund. Die Inszenierung der konservativen Garde Hollywoods liegt nahe -eines Charlton Heston oder Clint Eastwoods, der 2012 anstelle von Barack Obama einen leeren Stuhl ins Gebet nahm.

Die Folge des Pendelschlags im US-System, das wie kaum ein anderes von zwei Parteien dominiert ist, ist die periodisch wechselnde Wahrnehmung gleicher Werke. Eine solche versucht demnächst das Österreichische Filmmuseum mit der Reihe Utopie Film, die sich ab 11. April mit der US-Präsidentschaft beschäftigt. Demmes "Manchurian Kandidat" bekommt dort ebenso eine Chance in anderem Licht wie der seinerzeitige Flop "Idiocracy". Bei Letzterem war der TV-Sender Arte allerdings schneller: Dort zeigte man ihn am Vorabend von Donald Trumps Angelobung.

Utopie Film Kapitel 102 Filme über US-Präsidenten. Österreichisches Filmmuseum, 1010 Wien, Augustinerstr. 1. Jeden Dienstag zwischen 11. April und 11. Mai. www.filmmuseum.at

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