Anti-Twiggy wider den Zeitgeist

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Die Wiener Bildhauerin Gerda Fassel schafft mit Vorliebe üppige weibliche Figuren.

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Die Wiener Bildhauerin Gerda Fassel schafft mit Vorliebe üppige weibliche Figuren.

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Ihre Figuren verdrängen den Raum. Üppigkeit, sagt die Bildhauerin Gerda Fassel, ist soviel wie Ausdehnung, solche Formen entstehen eben, wenn der Energie Raum gegeben wird. "Der Wiener nennt das ,blad', aber damit hat es gar nichts zu tun." Auch nicht mit einem archaischen Frauenbild: "Eigentlich liebe ich diese Urmuttis nicht", sagt Fassel, deren Werke derzeit in der Ausstellung "Köpfe, Torsi und Fragmente" in Wien gezeigt werden.

Auf die Darstellung der menschlichen Figur konzentriert sich die 1941 in Wien geborene Künstlerin, weil "eine Begrenzung nötig ist, um dem Betrachter die Aussage verstehbar zu machen". Die Figur ist diese Begrenzung, die "Brücke zum Publikum". Und warum Frauen? "Ich habe früher immer Männer gemalt. Aber für die Darstellung im Raum und das Gestalten von innen her bietet sich die weibliche Figur an." Eine psychische Komponente gibt es auch: "Sicher sind meine Arbeiten auch Selbstdarstellung. Sie passen zu meinem Typ." Dem Typ der "Anti-Twiggy", die es wörtlich meint, wenn sie sagt, daß sie "mit ihrer Arbeit gewachsen" ist.

Womit man Gerda Fassel, die seit vorigem Jahr Ordinaria für Bildhauerei an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien ist, auf die Palme bringen kann: wenn man sie samt ihren Studenten der Rodin'schen Schule zuordnet. "Wir verehren Rodin, aber sonst haben wir mit dem 19. Jahrhundert nichts am Hut." Sie sehe sich nicht am Ende einer Entwicklung, sondern ganz am Anfang: Es gehe darum, dem Menschenbild wieder Platz zu verschaffen und eine in die heutige Zeit passende figurative Darstellung zu entwickeln. "Auch die Problematik der Darstellbarkeit des Menschen soll sichtbar werden." Daher das Fragmentarische. Die Ganzheit ist "eine Idee, die man sich erst erarbeiten muß."

Gerda Fassel, die im New York der sechziger Jahre studiert hat, schwimmt bewußt gegen den Strom: Figuren darzustellen, entspricht nicht dem Zeitgeist. "Aber diese Entscheidung muß jeder Künstler für sich treffen können. Leider scheint in Wien immer nur eine Richtung möglich zu sein..." Daß nicht alle Studenten diese Auseinandersetzung auf Dauer durchhalten, wundert Fassel nicht. Trotzdem: "Bei mir können sie nur den Beruf lernen. Wem es ums Vermarkten geht, der soll lieber an die Wirtschaftsuni gehen ..."

Davon abgesehen sieht Fassel das Arbeiten mit den Studenten als "ständigen Dialog". Sie sagt selten "ich", fast immer "wir". Sie meint es auch so.

27. Jänner bis 12. März Ausstellungszentrum Heiligenkreuzerhof, Sala Terrena Schönlaterngasse 5, 1010 Wien

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