Arbeiten bis zum Umfallen

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Über die Pension und ihre notwendige Reformierung hört man in letzter Zeit mancherlei. Nicht alles aber leuchtet so unmittelbar ein wie der Vorschlag, den der Wirtschaftswissenschafter Erich Streissler am Wochenende in der Presse gemacht hat. Während die Weicheier der Reform und die Betonköpfe von Gegnern sich noch darüber ereifern, ob man zwei oder drei Jahre später in Frühpension gehen solle, legt Streissler das Alter, das die Österreicher berechtigen wird, ihre Pension zu beziehen, mit der Autorität des leidenschaftslosen Gelehrten definitiv auf achtzig fest.

Die Streisslersche Reform hat viele Vorzüge und markiert schon deswegen einen echten Fortschritt, weil sie nebenbei ein gravierendes soziales Problem auf überraschend schlichte Weise löst. Haben wir die alten Menschen nicht schnöde an den Rand unserer Gesellschaft, in die Einsamkeit gedrängt und ihnen das Gefühl vermittelt, sie wären nutzlos und würden von niemandem mehr gebraucht? Hingegen jetzt! Greise, denen wir allenfalls geneigt waren, über die Straße zu helfen, werden im Gasthaus selbständig unsere Bestellungen aufnehmen. Wackelige Gestalten, denen wir in Bus und Straßenbahn Platz machten, um sie zu demütigen, treten uns künftig, in schmucke Uniformen gesteckt, selbstbewusst als Portiere oder Parkwächter entgegen.

Ach, glückliches Österreich, aus deinen Altersheimen werden frühmorgens die fleißigen Greise der Nation zu ihren Arbeitsstätten aufbrechen, beneidet von den Jungen, denen sie die Jobs wegnehmen und deren Sozialhilfe sie mit ihren Abgaben finanzieren. Ich muss die Sache unbedingt mit dem emeritierten Professor für Volkswirtschaft besprechen, der bei uns neuerdings an der Kasse der Billa-Filiale sitzt.

Der Autor ist Schriftsteller und Literaturkritiker in Salzburg.

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