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Autofreies Urlauben in Osterreich

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Im Salzburger Lungau sind „umweltfreundliche Ferien" keine leere Worthülse mehr. Ein Täler-busprojekt macht autofreies Urlauben möglich.

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Im Salzburger Lungau sind „umweltfreundliche Ferien" keine leere Worthülse mehr. Ein Täler-busprojekt macht autofreies Urlauben möglich.

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Wer kennt sie nicht, jene Idylle, die in engen Gebirgstälern, vorbei an rauschenden Wildbächen und auf verlassenen Forstwegen, jedes Wandererherz höher schlagen läßt? Doch allzu oft holt den unbeschwerten Wanderer sogleich wieder jene Realität ein, der er wenigstens für kurze Zeit entrinnen wollte. Denn oft ziehen es nicht ganz so sportliche „Wandergesellen" vor, den Gipfel lieber per Automobil als zu Fuß zu bewältigen.

Aber es kann auch anders gehen: Im Dreiländereck Salzburg-Steier-mark-Kärnten macht ein von der Volkshochschule Tamsweg und dem Verkehrsclub Österreich initiiertes Verkehrsprojekt seit 1989 autofreies Urlauben (und Wandern) möglich. Am Anfang ging es vorerst noch darum, die Stillegung zweier Postautobuslinien (Weißpriach und Göriach) zu verhindern und mit dem Tälerbus einen geeigneten Ersatz zu schaffen. 1990 aber ging man bereits dazu über, einen flächendeckenden Fahrplanverbund aus Bahn, Bus und Tälerbus zu installieren. Gleichzeitig wurde die erste verkehrsberuhigte Wanderzone im Mur-Ursprungsge-biet geschaffen. In diesen Wanderzonen soll der private PKW-Verkehr ausgeschlossen werden, indem der PKW-Parkplatz mindestens drei Kilometer außerhalb der Endhaltestelle des Tälerbusses liegt.

Seit 1993 nun berechtigt eine „Tälerbus-Wochennetzkarte’ zur uneingeschränkten Nutzung von Bahn, Bus und auch Seilbahnen. Im Twenger Lantschfeld wird der Tälerbusverkehr sogar mittels E-Bus abgewickelt. Ein Reise-Pauschalangebot bestehend aus Bahnanreise, eine Woche Halbpension, Gratis-Fahrradverleih, Tälerbus-Wochenkarte und Bahnrückreise macht eine „autofreie Urlaubswoche für Naturliebhaber" erstmals in Österreich möglich.

Als besonderer Vorteil der Täler-buskarte erweist sich die flächen-deckende Nutzungsmöglichkeit. Zahlreiche Übergangsmöglichkeiten von Tal zu Tal stehen zur Verfügung und man braucht niemals den selben Weg zurück (zum Parkplatz) einschlagen. Auf der anderen Seite des Wandergebiets steht bereits wieder ein Tälerbus zur Verfügung. Auf diese Art können Nationalparks, Naturparks und Landschaftsschutzgebiete im Gebiet der Hohen Tauern oder der Nockberge auf schonende Art und Weise erwandert werden.

International gesehen befindet sich das Tälerbusprojekt bereits in guter Gesellschaft. In der Schweiz haben sich 1988 neun Orte zur „Gemeinschaft autofreier Tourismusorte" (GAST) zusammengeschlossen.

In einigen dieser Orte werden unvermeidbare Zubringerdienste mittels E-Mobilen bewältigt.

In Bayern gibt es seit 1992 die Interessengemeinschaft für „Autofreie Kurz- und Fremdenverkehrsorte", in der 31 Kurorte zusammengeschlossen sind. In Österreich hingegen huldigt man hingegen weiterhin eher der Philosophie der „grenzenlosen Freiheit auf vier Rädern", der natürlich auch im Urlaub Genüge geleistet werden muß. Trotz endloser Urlauberkolonnen durch Österreichs Ferientäler, findet der Gedanke des „autofreien Qualitätsurlaubs" nur zögernd seine Anwendung.

STOLPERSTEINE

So weiß auch Emil Hocevar von der VHS Tamsweg von zahlreichen Stolpersteinen und bürokratischen Hürden zu berichten, die seinem Projekt in den Weg gelegt werden.

Zum einen schaffen die zahlreichen Überlandfahrten, die der Tälerbus als Ersatz für nicht vorhandene regionale Buslinien durchführt, ein großes Loch im Budget. Zum anderen ist die Schaffung verkehrsberuhigter Wanderzonen in vielen Tälern leider noch ausgeblieben, sodaß Privat-PKWs weiterhin ungehindert auf Forstwege einfahren können und für den Urlauber ein Umsteigen auf den Tälerbus nicht gerade schmackhaft machen. Als schwerster Brocken dürfte sich der Wunsch der Kärntner Landesregierung erweisen, aus dem Verbund auszusteigen. Somit wäre zu befürchten, daß 1994 der Nationalpark Nockberge mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr erreichbar sein wird. Emil Hocevar: „Sollte es nicht gelingen, diese Probleme zu lösen, ward die Sommersaison 1994 die letzte sein, in der das Tälerbusprojekt über Wasser gehalten werden kann!"

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