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Bindfäden zur Zukunft
Man könnte das Bestsellerbuch des französischen Journalisten Servan- Schreiber über die amerikanische Herausforderung an Europa auch auf gut österreichisch schreiben: und darin feststellen, wie sehr Österreich bereits im wissenschaftlich-technischen Bereich zurückgefallen ist.
Denn die Weltraumkonferenz der Vereinten Nationen demonstriert, was die Supermächte, aber auch einige europäische Nationen, bereits an technisch-verwertbaren Entwicklungen der Weltraumforschung verdanken.
nung, wenn man annimmt, daß das Geld für die ‘Fahrt auf’ d&idMond verpulvert sei: kaum irgendeine
Entwicklung auf wissenschaftlichem Gebiet hat in den letzten Jahrzehnten zu einem solchen Anfall technischer Daten für den industriell-zivilen Bereich geführt. Die Entwicklung von neuen Präzisionsverfahren, biologische Untersuchungen minutiöser Art, neue metallurgische Techniken und Kenntnisse der Antriebsund damit Verkehrstechnik haben unzählige Anwendungsmöglichkeiten aufgezeigt. Allein die erst durch die Weltraumforschung so stark forcierte Elektronentechnik hat zum Aufbau einer gigantischen, zukunftsorientierten und weltweiten Industrie in unzähligen zivilen Bereichen geführt.
Politischer Erfolg
Immerhin schmälert die Erkenntnis, daß Österreichs Zukunft nicht aus unserer alltäglichen Gegenwart abgeleitet werden kann, nichts am Erfolg, die Weltraumtagung in der Bundeshauptstadt zu begrüßen.
Schon in New York war Österreichs seinerzeitiger UNO-Botschaf- ter und jetziger Außenminister Doktor Waldheim Vorsitzender des Weltraumausschusses der Vereinten Nationen gewesen. Waldheim konnte durch lange Zeit für seinen Ausschuß als einziger sichtbare Erfolge zustande bringen. Denn sowohl USA wie auch Sowjetunion hatten und haben ein echtes Interesse, nicht auf allen Gebieten der Raumforschung einspurig — und damit teuer — zu fahren. Waldheims Verdienst ist es auch, Abkommen abgeschlossen zu haben, die in Zukunft den Weltraum vor militärischer Aktion sichern und einseitige Besitzergreifungen im Weltraum nicht zulassen sollen. Immerhin: ein Österreicher könnte einen Grundsatzentscheid noch nicht auszumalender Dimension erreicht haben — und dem utopischen Roman eine ganz nüchterne und reale juridische Basis geschaffen haben.
Nicht ‘ unerheblich ist auch die Chance Österreichs, für eine eigene
UNO-Behörde für Weltraumprobleme Gastgeberland zu sein. Mit der Atomenergie- und der Weltraumbehörde würde Österreich sicherlich eine interessante Gastrolle aufgetragen werden. Denn beide Bereiche werden unsere Zukunft am stärksten und nachhaltigsten beeinflussen.
Finnen verkaufen
Allerdings — noch Ist es nicht soweit. Die Begrüßungsworte des Bundespräsidenten in der Hofburg waren auch nur ein reminiszenter Beitrag urigeres Landes zur Welt raumerforschung. Denn von Öster reich sind mehrere Pioniere des Raumfahrtzeitalters ausgegangen.
Konkreter konnten einige Firmen Österreichs Beitrag auf einer Ausstellung anläßlich der Hofburgkonferenz darlegen. So beschäftigt sich seit längerer Zeit die Firma Ruthner mit der Produktion von pflanzlichen Nahrungsmitteln, die im Weltraum für Versorgungs-, aber auch für Atmungszwecke dienen können. Schon jetzt hat dieses Unternehmen entsprechende Meßsysteme — die Phy- thobox — für physiologische Pflanzenuntersuchungen geschaffen.
Außerdem wartet dieses Unternehmen mit einem Aufzeichnungsgerät auf, das alle erdenklichen ökologischen Daten während des Wachstums einer Pflanze registriert. Die zivilen Anwendungsmöglichkeiten liegen also evident auf der Hand. Die Sowjets, aber auch die Deutschen, Franzosen und Schweden haben Geräte des österreichischen Unternehmens bereits gekauft.
Die Firma Minitek hat als erstes Unternehmen der Welt das Schreibproblem im Weltraum gelöst. Mit Hilfe eines Spezialschreibers, der weder ausrinnt noch funktionsuntüchtig wird, hat die NASA, Amerikas Weltraumbehörde, bereits Erfolge erzielt. Und Österreich hat sein Patent bereits auf der ganzen Welt schützen lassen.
Auch die verstaatlichten Böhlerwerke schufen ein Feststoffraketen- triefowerk, die Metallwerke Plansee Einsätze für Raketendüsen. In der Technischen Hochschule Wiens arbeitet seit mehreren Jahren ein Studententeam unter Leitung der Professoren Oswatitsch, Lihl, Tschirf und Hecht an Weltraumproblemen. Im Rahmen der österreichischen Gesellschaft für Weltraumforschung und Flugkörpertechnik (ÖGFT) sollen in Hinkunft wissenschaftliche Arbeiten durchgeführt und koordiniert werden.
Sicherlich — noch ein futuristisches Unterfangen. Aber immerhin ein Beweis, daß es in Österreich einige wenige gibt, die den Anschluß an die Zukunft zumindest durch einen Bindfaden sichern wollen.
Wer darüber lacht, soll auf den Flughafen Schwechat fahren uhd dort an die Gebrüder Wright denken.
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