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BISCHOF DR. JOSEF SCHOISWOHL EIN NEUER TYPUS

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Die Kirche hat im Laufe der Jahrtausende sehr verschiedene Typen von Kirchenfürsten ausgebildet: mönchische Asketen, Gelehrte, große Redner, bedeutende Theologen, kriegskundige Reichsbischöfe, Kanzlerbischöfe, hochpolitische Prälaten, Meister der Organisation, hervorragende Kanonisten, Männer des Konzils und der Diplomatie und wieder sehr schlichte Seelsorger und Seelenführer. Alle diese Typen, die da seit dem 2. Jahrhundert, den Forderungen und Versuchungen der Zeit entsprechend, geprägt wurden, sind heute noch präsent und unschwer zu erkennen, wenn man den hohen Klerus in West- und Osteuropa, im romanischen Süden, in Nord- und Südamerika ins Auge faßt. Der Oberhirte der Diözese Seckau-Graz, Dr. Josef Schoiswohl, der am

3. Jänner sein 60. Lebensjahr vollendete, verkörpert einen neuen Typus einer im Wandel begriffenen Zeit. Es ist nicht leicht und nicht richtig, diesen Typus mit einem Schlagwort abstempeln zu wollen. Blicken wir deshalb lieber zuerst auf seinen Lebenslauf: in ihm ist er ja zu dem geworden, was er heute in Österreich ist und darstellt.

Josef Schoiswohl ist ein Kind des Volkes vor den Toren von Wien. Am 3. Jänner 1901, im ersten Jahr und den ersten Tagen des neuen Jahrhunderts, kam er in Guntramsdorf bei Mödling als Sohn eines Fabrikbeamten in einer Familie von acht Kindern zur Welt. Er besucht das Gymnasium der Erzdiözese Wien in Hollabrunn, studiert in Wien und wird am 20. Juli 1924 durch Kardinal Piffl zum Priester geweiht. 1924: das ist eine harte Zeit, über die bereits alle die Schatten des heraufziehenden Bürgerkrieges in Österreich und des alten und neuen Weltkonflikts fallen. Die politische Hetze gegen die ,,Schwarzen“ und gegen die „Pfaffen“ wühlt breite Massen des Stadtvolkes, der Arbeiterschaft und des Kleinbürgertums auf. ln dieses arme Volk möchte der junge Priester Josef Schoiswohl ah Seelsorger gehen. Ein Volksseelsorger zu wer-

den, der, nüchtern, ohne Illusionen, mit einer redlichen, sachlichen und sachkundigen Liebe dieses Volk betreut, das ist sein Wunsch und sein Ziel. Nach kurzem Wirken als Kaplan in Kirchberg am Wagram wird der begabte junge Priester jedoch bereits mit dem Amt eines Präfekten am Knabenseminar in Hollabrunn betraut. Immer wichtiger und schwieriger wird für die Kirche die Gewinnung und Erhaltung junger Menschen, die sich auf die Würde und Bürde des Priestertums vorbereiten. 1930 wird Josef Schoiswohl als Kurat an den Stephansdom nach Wien berufen. Die Probleme der großen Diözese rücken ihm auf den Leib. Gleichzeitig wirkt er nun als Religionslehrer in der sozialen Frauenschule: Wiener Frauen haben hier und in anderen Werken dem Sozialkatholizismus unseres Landes unvergeßliche Züge aufgeprägt.

Im Krisen- und Schicksalsjahr Österreichs 1938 wird der Dom- kurat Schoiswohl mit der Einrichtung der erzbischöflichen Finanzkammer beauftragt und wird deren erster Direktor. Auf eigenen Wunsch kehrt er 1942 in die aktive Seelsorge zurück und baut in sieben Jahren die Pfarre Mauer zu einer vorbildlichen Pfarrgemeinde auf. 1949 übernimmt er als Apostolischer Administrator des Burgenlandes die Nachfolge von Kardinal Dr. lnnitzer im Burgenland: die Erhebung des Burgenlandes zur selbständigen Diözese 1960 beruht nicht zuletzt auf den Vorarbeiten Dr. Schoiswohls, der im Burgenland schnell Ansehen und die freudige Mitarbeit bei Klerus und Laien gewinnt. Am 2. September 1951 empfängt er die Bischofsweihe. Drei Jahre später wird er durch Papst Pius XII. zum Ober hirten der Diözese Seckau ernannt, und am 19. März, am Josefitag, in der Grazer Domkirche inthronisiert. Seine große Diözese wird nun mit großer Aktivität „erbaut“ im doppelten Sinne: zahlreiche Kirchenbauten, dazu Arbeitsstätten für kirchliche Werke, entstehen, gleichzeitig geht es dem neuen Bischof um die innere geistliche und seelische Erbauung. Bahnbrechend vereint die steirische ‘ Diözesansynode 1960 unter seiner Leitung Priester und Laien zur Beratung über die Gegenwart und Zukunft der Kirche.

Dr. Schoiswohl hat, als ein Kind des Volkes, nie Angst vor dem Laien gehabt und immer dessen Mitarbeit gesucht. Die Erweckung der Laien zu eigener Aktivität ist ihm ein Herzensanliegen. In diesem Sinne ist auch sein unermüdlicher Einsatz für das bischöfliche Siedelwerk und jetzt in Graz für die afro-asiatischen Studenten zu sehen. Allzu wenig sehen hier gerade auch unsere Katholiken die Zeichen der Zeit. Der Bischof von Graz-Seckau sieht diese Zeichen, er sieht diese Menschen unserer Zeit und sorgt sich als Kirchenführer, Organisator, Bauherr, Finanzmann, Koordinator für sie, wobei alle diese seine Funktionen und Arbeiten im Dienst einer zeit- und zukunftoffenen Seelsorge stehen. Nüchternheit, Freude, Vertrauen prägen ihn und sein Werk. Österreichs Katholiken wünschen ihm weit über alle inneren Grenzen hinaus ein langes, reiches und erfolgreiches Wirken. Die Verleihung des Großen Goldenen Ehrenzeichens der Republik Österreich an ihn weist darauf hin, wie sehr dieser Mann der Kirche auch eine Stütze des sozialen Friedens und staatsbürgerlicher Haltung in Österreich ist.

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