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Brunnen, Gloriette, Tirolerhaus

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Der 270 Jahre alte Haldachhof aus dem tirolerischen Brandenberg ersetrt nun Erzherzog Johanns zwei Tiroler Häuser im Park von Schönbrunn - und verstößt damit „gegen den Geist von Schönbrunn".

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Der 270 Jahre alte Haldachhof aus dem tirolerischen Brandenberg ersetrt nun Erzherzog Johanns zwei Tiroler Häuser im Park von Schönbrunn - und verstößt damit „gegen den Geist von Schönbrunn".

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Es geschieht etwas in Schönbrunn. Nicht nur im abgewohnt wirkenden Schloß, das jährlich von 1,2 Millionen • Besuchern besichtigt wird (FCRCHE-Tribüne 12/1994). Auch der pro Jahr von sieben Millionen Spaziergängern aufgesuchte Park, der Maria Theresias und Kaiser Franz Josephs Lieblingslogis mit seinem barocken Alleensystem, der als Blickpunkt dienenden Gartenarchitektur und dem reichen Skulpturenschmuck zum Gesamtkunstwerk macht, wird nach Jahrzehnten der Vernachlässigung saniert.

Zumindest im Moment. Solange die fmanziellen Mittel der Schloß Schönbrunn Kultur- und BetriebsgesmbH reichen und wenn der säumige Bund die versprochenen Gelder in die weitläufige kaiserliche Schloßanlage investiert.

So werden eben die neuerdings während der Wintermonate von Plexiglashüllen geschützten Statuen der griechisch-römischen (rötter, Göttinnen und Heroen aus feinkörnigem Marmor zu beiden Seiten des großen Blumen-

Statuarius" von Maria Theresia nach Wien berufene Johann Christian Wilhebn Beyer.

Beyer war auch der Bildhauer des die Statuenreihe abschließenden Neptunbrunnens. Das Bassin zu Füßen des von einer Nejade, der Meergöttin Thetis und vier wilde Rosse bändigenden Trito-nen flankierten Gottes enthält seit sieben Jahren kein Wasser. Seit sieben Jahren sprühen auch die Springbrunnen links und rechts vom Bassin ihre Fontänen nicht mehr in die Luft.

Nach Umstellung der Brunnenstube auf Umwälzpumpe mit Nutzwasser und Restaurierung der Figuren in Übereinstimmung mit dem Denkmalamt wollte man die Fontäne Anfang Mai erstmals wieder einschalten. Bei einer kürzlich durchgeführten Routineuntersuchung stellte sich allerdings heraus, daiß die Ziegelfundamente der Pferdegruppe total zerbröselt sind. Die tonnenschweren Skulpturen müssen daher weggehoben und der Unterbau muß erneuert werden.

Ein schwieriges Unterfangen stellt die Trockenlegung, Instand-setzimg und Revitalisierung der in den letzten Kriegsmonaten teilweise zerstörten, schlecht rewerk des Johann Friedrich von Hohenberg, für das auch Architekturteile von Schloß Neugebäude in Wien-Simmering verwendet wurden, besaß über Wunsch Maria Theresias im Inneren des Mittelteiles nicht nur große Wandspiegel wie eines der Prunkzimmer im Schloß. Es war auch mit mundgeblasenen Glasfenstern ausgestattet. Diese wtir-den erst 1926 entfernt.

Jetzt wollen die neuen Schloßdirektoren in der Gloriette ein kleines Cafe etablieren und die Fenster des Mittelteiles abermals verglasen. Planungsunterlagen für die Herstellung eines Musterfensters sind in Arbeit. Das Einverständnis des Denkmalamtes hängt unter anderem von der Glasqualität ab.

Ob eine komplette Trockenlegung des Gebäudes erreicht werden kann, ist fraglich. Im seitlich belüftbaren Keller sollen jederzeit wieder entfernbare Toiletten und ein Lagerraum untergebracht werden.

Von den Gartendenkmalpflegern als „Sünde wider den Geist von Schönbrunn" kritisiert wird die Transferiening des Haidachhofes aus dem tirolerischen Brandenberg in den Tirolergarten des

Tiroler Häuser samt Stadel. Der damahge Besitzer des Tirolergartens, Erzherzog Johann, hatte sie um 1800 für seine herbarische, mineralogische und zoologische Sammlung und als Huldigung für das kaisertreue Land errichten lassen.

Aber diese Häuser, zu denen sich später noch ein Spielhaus für Napoleons Sohn, den Herzog von Reichstadt, sowrie ein mit pädagogischen Absichten verbundenes alpenländisches Holzhäuschen für Kronprinz Rudolf gesellten, entsprachen romantischen Vorstellungen. Mit dem Haidachhof aus dem Jahr 1722 hatten die 1979 abgerissenen Gebäude wenig gemein.

Doch wer vmßte das schon? Als den alten Tiroler Hof in Brandenberg keiner mehr haben wollte, veranlaß ten Landwirtschaftsminister Franz Fischler, oberster Chef der Bundesgärten, und Tiergartendirektor Helmut Pechlaner dessen Übersiedlung nach Schönbrunn.

Geza Hajos, der Leiter des Referates für historische Gartenan-; lagen des Denkmalamtes, fand erst zu spät eine im Historischenį Museum der Stadt Wien aufbef waJ-irtc Radierung der Tirolei TTM.i^^v :,„c J-,hr

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